Mitten in Erding:Von Bitcoins und Kryptonit

Wer bei der Stadt Erding nur an Weißbier oder die Therme denkt, hat die Rechnung ohne die Politik gemacht

Kolumne Von Gerhard Wilhelm

Erding. Wer den Namen außerhalb des Landkreises hört oder liest, der denkt sehr wahrscheinlich an das Weißbier oder an zweiter Stelle an die Therme. Wer bei Google nur "Erding" eingibt in der Suchmaske, erhält "ungefähr 7 670 000 Ergebnisse". Unter den Top 10 sind neben der Stadt- und der Landkreiswebseite und Wikipedia beide zu finden. Bei Wikipedia heißt es lakonisch: "Erding ist eine altbayerische Herzogstadt, 36 Kilometer nordöstlich von Münchens östlicher Stadtgrenze und 36 Kilometer südwestlich von Landshut gelegen". Und was "Industrie, Handel und Gewerbe" angeht wird - neben Therme und Weißbräu - unter anderem ein Bild- und Tonträgervertrieb, das Reise-Buchungssystem Amadeus sowie ein Spirituosen- und ein Fruchtsafthersteller genannt.

Doch irgendwo müssen in diesem Landkreis noch ein paar IT-Unternehmen von Weltrang sitzen. Verborgen. Im Geheimen arbeitend, vielleicht hat sogar die amerikanische NSA keine Ahnung, was es alles hier noch gibt. Denn warum sonst hat jetzt die Erdinger Landtagsabgeordnete und früherer bayerische Umweltminister Ulrike Scharf (CSU) zum fünften Unternehmerfrühstück mit dem Thema "Kryptowährungen Bitcoin, Ether: Dark-Web oder doch disruptive Technologie?" eingeladen?

Es ist bestimmt nicht zu erwarten, dass demnächst weltweit ein vollständiges Weißbierverbot ausgesprochen wird, das die Erdinger Brauerei zwingen könnte, das Bier im Dark-Web zu verkaufen. Dark-Web deshalb, weil der Bereich im Internet nur durch spezielle Verschlüsselungsprogramme zu erreichen ist, also für Otto-Normalverbraucher, der nur Google kennt, nicht zu erreichen ist. Der Weißbier-Schwarzmarkt könnte dann darüber ablaufen. Aber solange es einen letzten Bier trinkenden, gebürtigen Bayer gibt, wird das Verbot zumindest im Freistaat nicht kommen. Nur über unsere Bierleichen!

Und was die digitalen Zahlungsmittel, die Kryptowährung angeht - was übrigens nichts mit Kryptonit zu tun hat, die bekannteste Schwachstelle von Superman - versuchen Sie mal beim Bäcker die Semmel mit Bitcoin zu zahlen. In der Regel wird ein verwundertes "Hä?" als Antwort kommen. Und bei älteren Verkäuferinnen vielleicht sogar der Hinweis, dass man nur Mark und Pfennig nehme.

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