Mitten in Erding:Und schuld ist natürlich ein Preuß

Beim Sommer hat man bislang ein bisserl den Eindruck, dass er sich hartnäckig an der Corona-Regelung orientiert. Und die heißt: Abstand halten.

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Beim diesjährigen Sommer hat man ein bisserl den Eindruck, er hält sich hartnäckig an die Abstandsregelung für Corona. Bisher hat der Sommer 2020 eher mit Abwesenheit geglänzt, dabei kennt man den Juni eigentlich mit viel Sonne, sommerlichen Temperaturen, mit Biergartenbesuchen, am See faulenzen und die Wärme genießen. Und wer vergisst das legendäre "Sommermärchen", die Fußball WM 2006 im eigenen Land? Wann die war? Natürlich im Juni.

Jetzt werden einige wieder einwenden: der Sommer hat heuer erst am 20. Juni, exakt um 23.43 Uhr begonnen. Zur Kenntnisnahme: am 20. Juni um 23.43 Uhr betrug die Außentemperatur 14,5 Grad Celsius. Abgesehen davon, dass die Biergärten um die Zeit schon zu haben, wer bitte würde das sommerlich nennen? Außerdem handelt es sich bei dem Datum um den kalendarischen Sommeranfang. Bei den Meteorologen beginnt der Sommer am 1. Juni. Denn an diesem Tag ist in jedem Jahr der klimatologische oder meteorologische Sommeranfang.

Aber Petrus ist wohl fleißiger Nachrichtenleser und vor allem wohl Follower des ewig mahnenden bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Abstände einhalten! Sich nicht bei schönem Wetter zu Ausschweifungen verleiten lassen! Keine großen Partys! etc. etc. Petrus hat aber wohl auch die jüngste Botschaft Söders vernommen, in der er weitere Lockerungen verkündete. Und prompt hat er auf Sommermodus umgeschaltet und ein hübsches Hoch auf den Weg nach Bayern gebracht. Und schon im Vorfeld wird Holzkohle für den Grill gekauft und beim Metzger Fleisch zum Grillen am Wochenende bestellt.

Alles hätte so schön werden können. Der Sommer hätte die Laune aller gehoben, den Konsum mehr angekurbelt als die geringere Mehrwertsteuer. Und den Wirten endlich wieder Geld in die Kassen gebracht. Bayern weiß-blau, so wie es die CSU gerne hat. Aber wer grätscht dazwischen? Clemens Tönnies. Aufsichtsratsvorsitzender des FC Schalke 04 und Chef des Fleischverarbeiters Tönnies. Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infizierten in seiner Fabrik in Rheda-Wiedenbrück liegt mittlerweile bei mehr als 1100. Und was macht Petrus in vorauseilendem Gehorsam? Er ruft den Lockdown für den Sommer aus. Das Hoch ist jetzt schon auf dem Weg, aber nach dem Wochenende schaut es schon wieder düster aus. Temperaturen teilweise deutlich unter 20 Grad, leichter Regen. Und wem verdanken wir das? Der Bayer - okay Beutebayer - Söder würde sagen: einem Preußen.

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