Mitten in Erding:Pralinenschachtel Impfstoffverteilung

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Erst wusste man nur nicht, ob und wann es einen Impfstoff gibt, und seit es welchen gibt, weiß man noch viel weniger.

Glosse von Gerhard Wilhelm

Das mit dem Impfen gegen Covid-19 ist so eine Sache. Erst wusste man nur nicht, ob und wann es einen Impfstoff gibt, und seit es welchen gibt, weiß man noch viel weniger. Wer wird wann geimpft? Die Prioritätenliste ist für manchen so nachvollziehbar wie Trumps Aussagen in seinen besten Zeiten über die Corona-Pandemie. Welcher Impfstoff ist für wen geeignet? Die Antwort kann sich, je nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen schnell ändern. Siehe Astrazeneca. Und letztendlich wollen viele wissen, wann sie geimpft werden. Nachdem die Hausärzte sich endlich auch einschalten und impfen dürfen, wird die Frage nach dem Impftag für viele noch relevanter. Aber wehe, man will eine konkretere Aussage darüber, denn dann kommt von den Hausärzten - auch vom Impfzentrum in Erding - die Antwort: Können wir Ihnen nicht sagen, da wir nicht wissen, wie viele Impfdosen wann ankommen.

Der Ärztliche Kreisverband Erding hat vermutet, dass das Bayerischen Gesundheitsministerium doch eine Überblick haben müsste, wie viele Impfdosen von den Herstellern wann geliefert werden. Für was gibt es denn Verträge mit den Firmen? Von der "Taskforce Corona-Pandemie" des Ministeriums kommt aber eine schön ausweichend formulierte Antwort: "Für die bevorstehenden weiteren Impfungen im Rahmen der Regelversorgung wird die niedergelassene Ärzteschaft über ein etabliertes Großhandelssystem und die Apotheken vom Bund direkt beliefert." Und wie viel Impfstoff steht zur Verfügung? "Über die Aufteilung der Lieferungen an einzelne niedergelassene Ärzte kann auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns Auskunft geben und entsprechende Daten für einzelne Landkreise können dort erfragt werden." "Auch" ist gut, denn die Frage wie viel es Impfdosen gibt, wird nicht beantwortet.

Die elegante Weiterleitung á la Buchbinder Wanninger musste scheitern. Von der Kassenärztlichen Vereinigung ist zu erfahren, dass man nur im Nachhinein über die abgerechneten Bestellungen weiß, wie viele Impfdosen an die Hausärzte geliefert wurden. Und die haben zwar in der Regel die erlaubte Maximalmenge von 50 pro Woche je zugelassenen Arzt bestellt, müssen sich aber überraschen lassen, wie viel tatsächlich letztlich in der Praxis ankommt, um erst dann organisatorisch aufwendig die zu impfenden Patienten einladen zu können.

Ein bisserl erinnert das alles an Forest Gump: "Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt." Schon gar nicht beim Thema Impfstoff gegen Covid-19.

© SZ vom 12.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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