Süddeutsche Zeitung

Mitten in Erding:Öminöse Namensgebung

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Orte und Straße, die uns Rätsel aufgeben oder uns nachdenklich machen.

Von Gerhard Wilhelm

Dass es Orte mit sonderbaren Namen, oft auch zum Schmunzeln oder Nachdenken anregend, gibt, weiß jeder, der durch den Landkreis fährt. Und so mancher hat von einem auswärtigen Besucher schon die Frage gestellt bekommen: "Das mit Tittenkofen ist aber nicht euer Ernst, oder?" Der Klassiker ist weiterhin Pumpernudl. Aber auch Straßennamen können einen zum Nachdenken bringen.

Viele Straßen sind in der Kreisstadt nach berühmten Personen benannt. Wer lebt nicht gerne in einer Albert-Einstein-Straße oder Beethovenstraße? Eine 1 a-Adresse ist natürlich auch die Schlossallee - das weiß jedes Kind aus dem Monopolyspiel. Schwieriger wird es, wenn man als Adresse die 98 Meter lange Almrauschstraße oder den Rauschbergweg angeben muss. Oder die Hennengasse. Auf Bairisch ist die Henne ja eher ein despektierlicher Begriff. "De gschupfte Henna" zum Beispiel, ein bairisches Schimpfwort, das ein absonderliches, geziertes, affektiertes oder überspanntes Frauenzimmer bezeichnet. In der Straße Hinter den Mauern will auch nicht jeder Leben. Schon gleich gar nicht die Mexikaner. Ob die früheren Anlieger jemals für die Stadtmauer zahlen mussten, ist nicht überliefert.

Eine deutliche Warnung sollte aber seine Adresse für einen Angeklagten am Amtsgericht Erding sein, besser nicht gegen Gesetze zu verstoßen: die Todfeilerstraße lässt auf den ersten Blick eine düstere Zukunft vermuten und einen potenziellen Gefängnisausbruch im Keim schon ersticken. Die Feile sollte besser daheim im Werkzeugkoffer bleiben. Die Straße ist übrigens nach Wolf Todfeiler (1614 bis 1660) benannt. Der Erdinger Ratsherr Todfeiler begab sich 1648 zusammen mit Kaspar Senser freiwillig in Geiselhaft, um gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs die Zerstörung der Stadt durch Brandstiftung zu verhindern. Nachdem der Krieg 1648 beendet wurde und Todfeiler erst zwölf Jahre später starb, kam er wohl auch ohne Feile wieder aus dem Gefängnis.

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Quelle:
SZ vom 06.02.2017
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