Mitten in Erding:Das bisschen Haushalt?

Auch Chauvis könnte der einsemestrige Kurs "Fachkraft zur Ernährung und Haushaltsführung" nicht schaden.

Kolumne von Stefan Salger

Das bisschen Haushalt ist doch kein Problem, sagt mein Mann", singt die Schauspielerin Johanna von Koczian voller Ironie. Man schreibt das Jahr 1977. Auf den Straßen sind VW Käfer und Opel Mantas unterwegs, in den USA stirbt Elvis Presley, der King des Rock 'n' Rolls. Im Jahr zuvor ist in Deutschland das Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts in Kraft getreten. Zuvor durften Frauen nur dann berufstätig sein, wenn dies nicht mit ihren häuslichen Pflichten in Ehe und Familie kollidierte und der Ehemann gnädigerweise einverstanden war. Frauen seien hinter Kochtopf, Staubsauger und Kinderwagen am besten aufgehoben, so sehen das damals Chauvi-Männer.

"Starten Sie ihre Karriere in der Hauswirtschaft", heißt es in einer Ankündigung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Jaja, sinniert man, so war's halt in den Siebzigern: Karriere hinterm Herd, bisschen Arbeit und so. Aber die Ankündigung stammt aus den Zwanzigerjahren. Dieses Jahrhunderts! Es geht um einen Informationsabend mit Blick auf die im September beginnende einsemestrige Fachschulausbildung zur "Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung" an in der Staatlichen Landwirtschaftsschule.

So viel Tamtam wegen des bisschen Haushalts? Was soll man da denn noch lernen? "Saisonal und regional kochen, waschen, reinigen, dekorieren, Betreuen von Säuglingen, Kindern und Senioren, und dabei die Finanzen fest im Blick haben - im privaten wie auch im Großhaushalt." Puh, klingt jetzt aber doch nach einem Haufen Arbeit und Verantwortung.

Chauvi-Männer dürften der guten alten Zeit nachtrauern. Als sie noch ins Büro gehen durften, während die beste Ehefrau von allen standardmäßig den Knochenjob zu Hause übernahm. Aus dem Schneider sind die Herren der Schöpfung in Zeiten der Emanzipation freilich nicht. Heißt es auf der Homepage noch, die Ausbildung richte sich "an Frauen mit abgeschlossener Berufsbildung außerhalb der Hauswirtschaft", so wird etwas weiter unten bedrohlich gegendert: Herzlich eingeladen zum Infoabend seien "alle Interessentinnen und Interessenten".

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