Süddeutsche Zeitung

Mitten in Erding:Bedenken von Behörden

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"Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange", das heißt auf Deutsch: jedes Amt darf seinen Senf dazu geben und muss gehört werden.

Von Antonia Steiger

Es gibt ein paar Dinge, die stehen weit unten auf der Hitliste eines Lokaljournalisten. Dazu gehören Stadtratssitzungen, in denen "Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange" diskutieren werden, weil ein Bebauungsplan entwickelt wird und jede Behörde ihren Senf dazu geben darf und angehört werden muss. Es meldet sich der Denkmalschutz, den die Sorge umtreibt, dass altes Gemäuer aus Unkenntnis beiseite geräumt wird. Es meldet sich die Abfallwirtschaft, weil sie fürchtet, dass das Müllauto im neuen Wohngebiet nicht um die Ecke kommt. Neuerdings äußert sich zu jedem Baugebiet in Erding auch die Gemeinde Wörth. Man möge beachten, dass ein Haus in Langengeisling sich nicht nachteilig auf die Hochwassergefahr für Wörth auswirke. Vieles wird belächelt - zumindest von denen, die geistig noch anwesend sind. 20 oder 30 Seiten durchzuarbeiten, das ist kein Honigschlecken.

Ein ganz besonders bedeutender Träger öffentlicher Belange ist das Landratsamt Erding mit seinen zahlreichen Behörden, die sich alle einzeln äußern; da kann das große Ganze schon mal aus dem Blick geraten. Der Fachbereich Bauen und Planungsrecht hat sich den Plan für den südlichen Thermengarten genau angesehen und festgestellt, dass unter dem Wohngebiet ein Acker verschwinden wird. Dass der Wohnraum unter anderem für sozial Schwächere dringendst benötigt wird - geschenkt. Angemahnt wird eine genauere Begründung, warum landwirtschaftliche Flächen umgenutzt werden soll. Die Stadt Erding wird dem Wunsch nachkommen, aber nicht kommentarlos.

Erdings OB Max Gotz (CSU) war lange stellvertretender Landrat und müsste daher wissen, wie die Behörde tickt. Jetzt merkte er jedoch spöttisch an, man müsse sich diese Stellungnahme "auf der Zunge zergehen lassen" angesichts des Drucks, der auf dem Wohnungsmarkt herrscht. Würde Erding auf dieses neue Wohngebiet verzichten, weil Acker Acker bleiben muss, wäre der Landkreis übrigens einer der Hauptleidtragenden: Nach langer Suche hat die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises dort Grund bekommen und baut 65 Wohnungen.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2017
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