Mitten in der Region:Zitronen und andere Rauschmittel

So manch einer hat in der Pandemie seinen grünen Daumen entdeckt - wie einst der Vater von Hans Söllner.

Glosse von Martin Mühlfenzl

In der Hallertau wussten sie schon im 19. Jahrhundert, dass mit dem grünen Daumen nicht nur gutes Geld zu verdienen ist, sondern dass damit auch die Gesundheit gefördert werden kann. Hopfen, das Lebenselixier dieser Region, erfreut schließlich als Urbestandteil des hiesigen Nationalgetränks nicht nur Bierdurstige, sondern hat auch eine beruhigende Wirkung und wiegt so manchen als anerkanntes Nervenmittel auch in den Schlaf.

Das haben Hanfpflanzen, zu denen der Exportschlager aus der Hallertau zählt, so an sich - das wusste schon der Söllner Hans zu berichten, der an seinem Vater einst eine erstaunliche Veränderung beobachtete. Schließlich kam der plötzlich mit Ohrring und "Bhagwhankettn" daher. Was so ein kleines Pflänzchen auslösen kann, respektive die getrockneten Blüten desselbigen. Der Babba ist ein "lustigs Bürscherl woan", bescheinigt der Sänger Söllner in "Mei Voda hod an Marihuana-Baam" seinem Erzeuger, dessen neu gewonnenes Interesse am Gärtnern er als "braver Bua" natürlich teilt.

Eine Vorliebe für die Botanik haben auch unzählige Menschen inmitten der Pandemie neu für sich entdeckt und pflegen sie auch in dieser - gefühlt - nachpandemischen Zeit munter weiter. So sammeln sich beispielsweise gerade in einem großen Unterhachinger Gartencenter im Gewerbegebiet vor allem am Wochenende viele - auch mangels eines ausreichenden Angebots an Hanfpflanzen - im Bereich der Zitrusbäume, um zu ergründen, welche dieser mediterranen Schönheiten sich am Besten auf der eigenen Terrasse oder dem Balkon machen würde.

Sie schleichen fasziniert von Baum zu Baum, streicheln die Blättern, befühlen Zitronen, Orangen, Limetten, Zwergpomeranzen. Der Zitrusbaum ist so etwas wie der Krisengewinnler der Corona-Katastrophe - das neue Statussymbol einer Gesellschaft, die plötzlich das Garteln anfängt.

Vielleicht hätten der Söllner Hans und sein Babba auch am Zitronenbaum ihre Freude gehabt, wenn sie ihre Leidenschaft nicht an ein anderes Gewächs verloren hätten. Und möglicherweise hätten sie sich zusammen der Pflege desselbigen gewidmet, als erholsame beruhigende Betätigung. Bis der Hans gesagt hätte: "Und i als braver Bua, i giaß natürlich mit!"

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