Mitten in der Region:Trockenzeit im Home-Office

Ein Tag ohne fließendes Leitungswasser sollte doch locker zu überstehen sein. Dieser Gedanke entpuppt sich schnell als eine lehrreiche Fehleinschätzung.

Glosse von Andreas Junkmann

127 Liter - so viel Wasser verbraucht eine Person im Durchschnitt jeden Tag. Das klingt nach einer ganzen Menge, und ist es auch. Dabei wäre es gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Wasserknappheit in vielen Teilen der Welt wichtig, mit dem kühlen Nass sorgsam umzugehen. Doch das ist gar nicht so einfach - zumindest, wenn man unvermittelt zum Wassersparen gezwungen wird.

Die Ankündigung kommt am Donnerstag in Form eines Aushangs der Hausverwaltung: "Am Dienstag nächster Woche wird in der Zeit von 8 bis 16 Uhr das Kalt- und Warmwasser gesperrt. Bitte legen Sie sich einen Wasservorrat u.a. für die Toilettenspülung an." Als sich die erste Panik gelegt hat, werden sogleich passende Gefäße gesucht. Die Wahl fällt mangels geeigneter Alternativen auf einen zwölf Liter fassenden Putzeimer und eine Gießkanne, in die fünf Liter Wasser passen. Bereits am Vorabend stehen beide Behälter bis oben gefüllt zum Einsatz bereit - 17 Liter Wasser für zwei Personen, das reicht locker für eine ganze Woche, so der leichtfertige Gedanke.

Die harte Realität folgt am nächsten Tag. Wie angekündigt, bleiben um Punkt 8 Uhr sämtliche Wasserhähne trocken. Bereits zwei Stunden später ist dann auch mehr als die Hälfte des zuvor sorgsam angelegten Vorrats verbraucht, schließlich mussten morgens auch noch die Kaffeemaschine befüllt und die Tomaten gegossen werden. Es folgen bange Stunden, in denen jeder Schluck zu trinken sorgsam abgewogen wird. Ein Lichtblick ist die Mittagspause, die für einen schnellen Abstecher zum benachbarten Italiener genutzt wird. Schließlich hat der nicht nur leckere Pasta im Angebot, sondern vor allem eine funktionierende Toilette.

Zurück am Homeoffice-Schreibtisch wandert der Blick zur Uhr, noch drei Stunden sind zu überstehen. Wie ein Nomade in der staubtrockenen Wüste beginnt nun die letzte Etappe zur rettenden Oase. Dann plötzlich, Wasser! Deutlich früher als zunächst angekündigt sprudelt es wieder aus dem Hahn, die Trockenzeit ist zumindest für diesen Tag vorbei. Was bleibt, ist jedoch die Erkenntnis, wie selbstverständlich der lebenswichtige Rohstoff Wasser für uns Menschen geworden ist - und wie leichtfertig wir dennoch tagtäglich damit umgehen.

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