Mitten in der Region:Thermoskanne to go

Wer auf der Wartebank an der S-Bahn-Haltestelle länger verweilen muss, macht sich so seine Gedanken, zum Beispiel über eine einsame Flasche.

Kolumne von Hoda Shoeir

Wie angenehm ist doch nach einem langen Sommertag eine eiskalte Apfelschorle to go. Notfalls auch mal aus der Plastikflasche, Hauptsache, es erfrischt! Die Freude hält allerdings nicht lange an, denn gerade hat es zu regnen begonnen. 30 Minuten lang gießt es wie aus Eimern. Und so wird die Wartezeit auf der einsamen Bank am Gleis des S-Bahnhofs zu einer halben Ewigkeit.

Mit der Wartebank der S-Bahn sind viele Landkreisbewohner gezwungenermaßen vertraut, wenn sie hier sitzen und auf die üblicherweise verspätete Bahn warten. Diese Haltestelle hat jedoch seit einiger Zeit eine Besonderheit, wodurch sie sich von anderen Wartebänken unterscheidet: Und zwar eine Flasche. Es handelt sich um eine weiße Thermoskanne, um genau zu sein. Ein Schütteltest ergibt: halb voll. Außergewöhnlich ist, dass sie dort schon seit Wochen wie verwachsen steht.

Wie kam die Flasche dahin? Vielleicht war sie einst im Besitz eines Wartenden, der sich auf der Bank eine Ansage aus dem Bahn-Lautsprecher erhoffte, einen Funken Information. Und als das Schienengefährt schließlich ankam, hinterließ der Unbekannte, völlig in Gedanken versunken, sein wertvolles Behältnis. So oder so ähnlich muss es wohl abgelaufen sein. Die arme Flasche, vom Besitzer verlassen und noch immer darauf wartend, gefunden zu werden.

Warum nimmt die Flasche niemand mit? Natürlich könnte eine Erklärung sein, dass die meisten Menschen im Sommer keine Verwendung für eine Thermoskanne haben. Aber wieso? Was ist mit den Umweltfreunden, die auf wiederverwendbare Flaschen schwören? Haben sie sich in Luft aufgelöst? Lieber ein gekühltes Getränk in der Plastikflasche? Wo bleibt die Nachhaltigkeit, wenn neben einer Thermoskanne ein Mülleimer voller Artgenossen aus umweltschädlichen Polymeren überquillt?

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