Mítten in der Region:Süßes Geständnis

Wir haben da etwas zu beichten...

Von WOLFGANG SCHÄL

Es sind dies allseits Tage des Neubeginns. Der Sommerurlaub ist Familiengeschichte, die Kinder haben ihre Schultüten voll Stolz in die Klassenzimmer getragen, die ersten Blätter rieseln, die Tage werden kürzer und, ja, auch die nahezu viermonatige Vorweihnachtszeit ist angebrochen, die Lebkuchen- und Spekulatiuslawine hat die Supermärkte erreicht.

Wir haben in den vergangenen Jahren immer mal wieder gegen diese Unsitte gemosert, und das, soviel sei hier zugegeben, aus rein ideologischen Gründen, die man sich in den späten sechziger Jahren angeeignet hatte. War halt so damals. Mit der Zeit wurde man dann doch etwas aufgeschlossener gegenüber den eigenen Bedürfnissen, und so sei heute der Tag, an dem wir uns outen müssen. Wir bekennen hiermit beschämt, ungeachtet aller vorangegangenen Meckerei, bei sommerlichen Temperaturen mit Lust die erste Packung Schokoladenlebkuchen verzehrt, ja verschlungen haben.

Und da wir uns nun schon in Sack und Asche werfen: Es war nicht das erste Mal so! Nach diesem Geständnis fühlen wir uns erleichtert, für diese gewiss beklagenswerte Scheinheiligkeit wenigstens einen sachlichen Grund ins Feld zu führen: Im September sind die Lebkuchen und Zimtsterne noch frisch und lecker, während man sich an Heiligabend an versteinerter Lagerware die Zähne ausbeißt. Erst im Lauf vieler Jahre haben wir nachvollziehen können, was diese antizyklische Angebotspolitik für Vorteile bietet. Und so freuen wir uns schon jetzt auf die Heerscharen von Stanniol-Osterhasen, die nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag aus den Regalen lächeln.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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