Mitten in der Region:Mike und die Mitternacht

Nächtliche Gesprächsfragmente von der nachbarlichen Terrasse geben manchmal Rätsel auf

Kolumne von Christine Setzwein

Mike hat mich gewarnt!" Der Satz bohrt sich wie ein Pfeil ins Schlafzimmer, bleibt an der Decke hängen, abgeschossen von der Terrasse der Nachbarn. Verdammt. Wer ist Mike? Und wovor hat er gewarnt? Vor dem hinterhältigen Kollegen? Vor der Hitzewelle? Vor der untreuen Freundin? Vor dem Urlaub in der Türkei?

Es ist Mitternacht und warm, und jeder, der kann, sitzt draußen. Wer frühmorgens aufstehen muss, versucht zu schlafen. Das geht bei der Hitze nur bei geöffnetem Fenster. Was einerseits gut für den Durchzug ist, aber schlecht für die Ruhe, wenn bei den Nachbarn munter diskutiert wird. Nette Leute übrigens, ruhig, immer freundlich.

Ist ja auch schön, wenn sich Menschen noch unterhalten, so von Angesicht zu Angesicht, aber wieso zum Teufel über Spargel? Im August? Um Mitternacht? Sind doch g'scheit, die Nachbarn, die müssen doch wissen, dass die Spargelsaison am 24. Juni zu Ende war. Ist jedes Jahr so. Bringt doch nichts, sich im Hochsommer übers richtige Schälen zu unterhalten. Muss man im nächsten Jahr eh wieder nachlesen. Dann sind nur noch Satzfetzen zu hören, was ziemlich anstrengend ist. Schließlich will man jetzt genau wissen, wer wann was wo mit wem.

Was es zum Beispiel mit diesem Mike auf sich hat und wer der beste Fußballer ist. Bevor die Augen vor lauter anstrengendem Hören zufallen, kommt der erlösende Satz: "Alte Menschen brauchen immer weniger Schlaf!", bohrt sich eine Stimme ins Ohr. Und schweigt. Keine Erklärung. Keine Diskussion. Ruhe. Lieber Gott, bitte lass es bald wieder regnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: