Süddeutsche Zeitung

Mitten in der Region:Hoffnung für Meister Lampe

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Unglaublich: Um einen Kartoffelschädling zu erkennen, wird Kaninchenblut verwendet. Nun sucht man Alternativen

Von Till Kronsfoth

Vegane Ernährung liegt im Trend. Wer sich für diese Art der Nahrungsaufnahme entscheidet, verzichtet gänzlich auf tierische Produkte. Da Obst und Gemüse jedoch oft nur kurzfristig sättigen, erlebt eine Knolle ihr Revival, die zwischenzeitlich schon als farblose Alte-Leute-Beilage galt: die Kartoffel. Auf veganen Parties gibt es Kartoffelsuppe, Kartoffelecken und - für alle, denen die Paradoxie dieser Wortschöpfung nichts ausmacht - sogar Kartoffel-Burger. Doch nur wenige wissen, dass die unscheinbaren Erdäpfel ein blutiges Geheimnis hüten.

Denn wie alle im Freien gedeihenden Pflanzen laufen auch Kartoffeln Gefahr, von Schädlingen befallen zu werden. Einer dieser Schädlinge ist ein Mikroorganismus, der, falls er nicht entdeckt wird, zur Vernichtung einer ganzen Ernte führen kann. Nachgewiesen werden können die Mikroben im Labor bis jetzt jedoch nur auf eine Weise: durch das Beträufeln der Kartoffel mit Kaninchenblut. Was klingt wie ein makabrer Scherz, ist seit etwa einhundert Jahren landwirtschaftliche Realität. Die Möglichkeit, den Erreger durch die Reaktion mit Kaninchenblut sichtbar zu machen, wird seither stichprobenartig beim Verfahren zur Überprüfung der Kartoffelernte genutzt. Ausgerechnet der putzige Meister Lampe muss also für unseren vermeintlich tierfreundlichen Kartoffelkonsum dran glauben.

Doch Verfechter der veganen Ernährung, denen beim Lesen dieser Zeilen gerade vor Schreck der Hummus von der Gabel gerutscht ist, dürfen aufatmen. Denn da das schaurige Geheimnis der Killerknolle nun doch ans Licht gekommen ist, wird seit kurzem an der Technischen Universität München an einem Ersatzwirkstoff zum Nachweis des Mikroorganismus gearbeitet. Was für ein Glück! Denn wer könnte weiterhin ruhigen Gewissens einen Kartoffel-Burger mit Sojasoße bestreichen, wenn er wüsste, dass niedliche Mümmelmänner dafür zur Ader gelassen werden.

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Quelle:
SZ vom 30.08.2017
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