Süddeutsche Zeitung

Mitten in der Region:Das Plastik steckt im Detail

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Gut gewollte, aber dann tappt CSU-Bundestagskandidat Florian Hahn doch in die Falle

Glosse von Stefan Galler

Eine Abdeckhaube für den Fahrradsattel mit Parteilogo, der faltbare Bundesligaspielplan für die Hosentasche oder die Streichholzschachtel mit dem Konterfei des lokalen Kandidaten: In Wahlkampfzeiten hat der Nippes seit jeher Hochkonjunktur. Im Rheinland wurde dieser Begriff geprägt, er bezeichnet kleine Gegenstände, die man zur Zierde aufstellt, aber eben auch sinnlosen Kleinkram, dessen niedrige Produktionskosten den Nutzwert sogar noch unterschreiten.

"Nicht mit mir", dürfte sich der CSU-Bundestagskandidat Florian Hahn vor dem Start seiner aktuellen Kampagne gedacht haben. Dementsprechend versuchte er, ein Paket an kleinen Geschenken zusammenzustellen, die entweder praktisch oder nachhaltig sein sollten, im Idealfall beides, wie etwa die kleinen Gläschen "Putzbrunner Honig" von der Imkerei Bußjäger. Brausedrops für den "Pez"-Spender und kleine Notizblöcke mit Hahn-Aufdruck gehören ebenso zum Sortiment wie die obligatorischen Lebkuchenherzerl - und überall prangt das Wahlkampfmotto des stellvertretenden CSU-Generalsekretärs: "Politik fürs Leben".

Und weil die Schwarzen natürlich nicht erst seit dem Volksbegehren zur Artenvielfalt wissen, dass sie das Themenfeld Umweltschutz nicht kampflos den Grünen überlassen dürfen, setzt auch Hahn auf entsprechende Requisiten: Er verteilt etwa Setzlinge für Ahornbäume und Buchen. Oder Hosenspangen, mit denen verhindert wird, dass das Beinkleid beim Radeln in die Kette hängt. Oder Brotzeitsackerl aus Papier mit Comic-Hahn-Aufdruck, die zwar ein bisschen aussehen wie die Spucktüten im Flugzeug, aber eben besser entsorgt werden können als jede Plastiktüte.

Und dann wäre da noch der Kugelschreiber aus Holz, der auf den ersten Blick echt voll bio daherkommt, dessen Mine man aber nicht tauschen kann. Außerdem verhindert ausgerechnet eine Kappe aus Plastik, dass man sich die Brusttasche am Hemd beschmutzt. Nun ja, ein bisschen Praxiserfahrung muss wohl doch noch gesammelt werden auf dem Weg zur Ökopartei 2.0.

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Quelle:
SZ vom 26.08.2021
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