Mitten in der Region:Bauer Willis grünes Kreuz

Mit dem grünen Kreuz machen seit geraumer Zeit Landwirte im Lande auf ihr drohendes Aussterben aufmerksam

Kolumne von Gregor Schiegl

So genau weiß man es ja nicht, aber die meisten Kreuze in Europa gibt es vermutlich in Österreich. Dort erheben sich sehr, sehr viele Gipfel, auf die man Kreuze montieren kann, was man dort auch fleißig tut. Gipfelkreuze haben in den Ostalpen eine lange Tradition: Im 13. Jahrhundert wurden sie als Bitte für gutes Wetter oder als Wegmarkierung aufgestellt, später errichteten sie ehrgeizige Alpinisten als Machtsymbol; Kriegsheimkehrer stellten sie zum Dank auf, wenn sie dem Schlachtfeld heil entkommen waren. In jüngerer Zeit mehrt sich Kritik an den Gipfelkreuzen, weil man die Kirche bekanntlich im Dorf und das Kreuz auf dem Kirchturm belassen sollte. Selbst der weise Reinhold Messner meinte, man sollte die Berge doch bitte "nicht zu religiösen Zwecken möblieren".

Mangels Bergen - das berühmte Skigebiet Monte Kienader bei Bergkirchen ausgenommen - gibt es im Landkreis Dachau keine richtigen Berge, Kreuze in der Landschaft neuerdings aber schon: Wer den Weg entlang der Amper von Dachau Richtung Günding spaziert, stößt in der Zielgeraden zum Naturfreundehaus auf eine Bauernwiese, in der ein grün angestrichenes Holzkreuz steckt. Ist hier ein Landwirt tödlich verunglückt? Früher, als es noch keine Schutzvorrichtungen dagegen gab, kippten viele mit ihrem Trecker um und fanden ein tragisches Ende.

Dem Bauern, das zur Beruhigung geht es gut. Oder sagen wir: Er lebt - noch. Mit dem grünen Kreuz machen seit geraumer Zeit Landwirte im Lande auf ihr drohendes Aussterben aufmerksam: Durch den Agrarpakt der Bundesregierung sehen sie sich in ihrer Existenz bedroht, zum Beispiel weil sie nicht mehr so viele Pestizide ausbringen dürfen wie früher.

Ein laminiertes Infoblatt erklärt das politische Anliegen, das mit einem kämpferischen Piktogramm geschmückt ist: einer geballten schwarzen Faust, in der eine Mohrrübe steckt. Ausgedacht hat sich die Sache mit den grünen Kreuzen ein Mann, der sich "Bauer Willi" nennt, früher sein Geld aber in der Zuckerindustrie verdient hat. Das mag erklären, warum diese PR etwas wirr erscheint, die symbolischen Anleihen erinnern an, ja, Kraut und Rüben.

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