Mitten in de Region:Glitzermuster im Gammeldickicht

Im anbrechenden Herbst trennt sich die Spreu vom Weize, und es zeigt sich, welcher Gärtner man ist

Kolumne von Alexandra Vettori

Jetzt, im anbrechenden Herbst, trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn jetzt, da die hübschen Blümchen fast alle verblüht sind, neigt auch der artenfreundliche Gärtner zum Großputz im Grünen. Wer mag schon den ewigen Kreislauf aus Werden und Vergehen hautnah vor der Nase haben, zumal in der nun anstehenden Phase des Vergehens. Da harkt man lieber Beete, entsorgt braune Blätter und Stauden in die Biotonne und stellt ein heimeliges LED-Lämpchen oder Glänzekugeln ins Beet.

Dass die sommers mit Bienenweide und Kräutertopf gehegte Insektenwelt jetzt mit dem alten Kraut in der Tonne landet, wer denkt schon daran? Der Sympathieträger der Artenschutzdebatte ist da fein raus. Die Honigbiene bleibt in ihrem menschengemachten Kasten, wartet auf das Zuckerwasser und kommt erst im Frühling wieder heraus. All die anderen Krabbel- und Vogeltiere aber sind auf den winterlichen Verhau angewiesen. Wildbienen zum Beispiel legen ihre Eier in hohle, trockene Pflanzenstängel, wo die Larven überwintern. Körnerfressende Vögel überlebten schon vor dem Futter aus dem Supermarkt, dank übrig gebliebener Samenständen von Blumen. Insektenfresser finden auch noch was, wenn noch was steht im Garten, denn Kleinstlebewesen verschlupfen sich an welken Stängeln. Und Laubhaufen bieten auch ein kuscheliges Insektennest für die kalte Zeit.

Manch ein abschätzender Blick aus dem Redaktionsteam ist am Rande der Konferenzen schon über das Grün auf der anderen Straßenseite geschweift. Gut möglich, dass die alte Diskussion um Wildnis, Ästhetik und Ordnung neu entbrennt. Verstummen werden die Liebhaber der geraden Kante aber spätestens, wenn der Raureif kommt und filigrane, glitzernde Muster ins gammlige Dickicht zaubert.

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