Mitten im Weihnachtswald:Schwiegerleute und Christbäume

Damit schädliche Ausdünstungen einem die Weihnachtsfreude nicht vermiesen, kauft man besser einen Bio-Baum

Kolumne von Ingrid Hügenell

Es gibt Menschen, die glauben, sie seien auf Leute allergisch. Denn wenn zu Weihnachten die liebe Verwandtschaft das Haus bevölkert, tränen ihnen die Augen, und die Nase läuft. Mindest ein derartiger Weihnachtsallergiker ist der Redaktion namentlich bekannt. Möglicherweise aber ist seine Selbstdiagnose falsch, und es liegt gar nicht an den Schwiegerleuten, dass er an den Festtagen unter Heuschnupfen leidet. Sondern am Christbaum. Die Tannen oder Fichten nämlich werden allzu oft reichlich mit Giften behandelt. 2017 zum Beispiel konnten Naturschutzverbände bei einer deutschlandweiten Stichprobe bei 13 von 17 Bäumen Pestizide nachweisen. Die gefundenen Mengen seien zwar wohl nicht akut gesundheitsschädlich. Im warmen Wohnzimmer dünsten die Rückstände aber aus und könnten bei empfindlichen Menschen zu Reizungen führen, schreibt der Bund Naturschutz. Da hat also wahrscheinlich der Bekannte seine Schwiegerleute jahrelang grundlos verdächtigt.

Damit schädliche Ausdünstungen einem die Weihnachtsfreude nicht vermiesen, kauft man besser einen Bio-Baum. Das ist auch wegen der Tiere gut, die auf konventionellen Christbaumplantagen an den Duschen mit Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden sterben. Kunstdünger braucht ein Bio-Baum auch nicht. Dafür ist er oft nicht ganz gleichmäßig gewachsen und somit nicht langweilig perfekt, sondern schön individuell. Deshalb ruft der Bund Naturschutz zum Erwerb eines solchen Exemplars auf. Gleichzeitig sollten Waldbesitzer, Bio-Bauern und Förster verstärkt unbehandelte Christbäume anbieten, letztere am besten solche, die bei der Durchforstung ohnehin anfallen. Denn am umweltverträglichsten ist der Baum natürlich, wenn er keine langen Transportwege hinter sich hat.

Das gälte auch für die Verwandtschaft. Aber natürlich verbietet es sich, die Schwiegereltern mit Hinweis auf den Klimawandel auszuladen oder den eigenen Pflichtbesuch abzusagen. Vielleicht wirken die Gäste ja gleich viel sympathischer, wenn man sich nicht permanent schnäuzen muss.

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