Mitten im Landkreis:Mit dem Taxi zum virtuellen Bus

Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist das Gebot der Stunde. Das schont den Geldbeutel, das Klima und unschuldige Stahlträger in Flughafen-Parkhäusern.

Glosse von Alexander Kappen

Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ist das Gebot der Stunde. Mehr denn je. Gute Gründe gibt es genug: Unverschämt hohe Spritpreise. Unverschämt schnell voranschreitender Klimawandel. Unverschämt schlechte Busverbindungen in manchen Ecken des Landkreises. Und unverschämt schlechte Autofahrer.

So wie der, der sich zuletzt in Moosburg im zarten Alter von 15 Jahren eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert und eine Schneise der Verwüstung hinterlassen hat. Oder wie die Frau, die sich im nicht mehr ganz so zarten Alter von 55 Jahren am Montag mit einem Alkoholwert von mehr als drei Promille hinters Steuer gesetzt und beim Slalomfahren in einem Parkhaus am Flughafen einen Stahlträger gerammt hat. Die Dame, hohe Preise hin oder her, hatte offenbar genügend Geld, um in jegliche Form von Sprit zu investieren.

Besser angelegt wäre das Geld freilich mit dem Kauf eines Bustickets gewesen. Vorausgesetzt, sie wohnt irgendwo, wo ab und zu auch mal ein Bus vorbei kommt. Im Landkreis Freising ist das nicht überall der Fall, weshalb man nun an einem Pilotprojekt für Bedarfsverkehrsangebote arbeitet, die grundsätzlich, wie zu vernehmen war, auch bis in den Landkreis Erding hinein reichen könnten. Die Rede ist von barrierefreien Bussen mit acht Sitzplätzen, die man per App oder Telefon bestellen kann. Allerdings nicht zu sich nach Hause. Damit würde man nämlich der Taxibranche das Wasser abgraben. Wer nicht gut zu Fuß ist, es nicht weiter als von der Haustür bis zur Bordsteinkante schafft und darüber hinaus über das nötige Kleingeld verfügt, ruft also weiterhin brav den Taxler seines Vertrauens.

Alle anderen drehen eine kleine Runde an der frischen Luft und machen sich auf die Suche nach der nächsten "virtuellen Haltestelle", an der dann im Idealfall ganz real auch ein zuvor georderter Bedarfsbus hält. Die Bushaltestellen sollen in einem Radius von maximal 200 Metern zu erreichen sein. Wem dieser Fußmarsch jedoch ebenso zu viel ist wie der Preis für ein herkömmliches Taxis, bestellt Letzteres eben nur, um damit die 200 Meter bis zur nächsten virtuellen Haltestelle zurückzulegen und dort in den mutmaßlich günstigeren Bedarfsbus umzusteigen.

Im Pilotprojekt nicht vorgesehen sind ein Bedarfsschienenverkehr mit virtuellen Gleisen sowie Luftbusse. Man möchte der virtuell pünktlichen Deutschen Bahn und der Flugtaxi-Branche schließlich nicht das Wasser abgraben.

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