Mitten im Holzland:Inninger Landluft

Wenn die Hühner zu viel werden, bekommt der Begriff von der guten Landluft einen sarkastischen Unterton

Von THOMAS DALLER

Wenn man auf dem Land wohnt, muss man gewisse Gegebenheiten oder Traditionen akzeptieren. Das fängt bei den Kirchenglocken an und hört beim krähenden Hahn längst noch nicht auf. Doch wenn es nur der eine Hahn mit einer Schar von Hennen wäre, denn bei modernen Legehenenbetrieben hat man schnell mal mehrere 10 000 Hühner in der Nachbarschaft. Und dann bekommt der Begriff von der guten Landluft einen sarkastischen Unterton. Die Siedlungsbewohner am östlichen Ortsrand von Inning haben kürzlich wieder eine Kostprobe davon bekommen: Lauer Sommerabend, man freut sich auf den Feierabend auf der Terrasse und plötzlich rückt der Eierbaron mit dem Güllefass an. Rindergülle kann schon gemein stinken, Schweinegülle noch viel mehr, aber Hühnergülle ist definitiv am Schlimmsten. Nur ein schmaler Feldweg trennt den Acker, auf dem die Gülle ausgebracht wird, von den Siedlungsgrundstücken. Und so sieht es hinterher auch aus: Die weißlackierten Zaunlatten sind bis auf Kniehöhe braun gesprenkelt und auf dem Feldweg selbst liegt ein halb verwester Hühnerkadaver, der wohl mit in die Gülle gelangt ist. Aber da die Gülle anschließend untergepflügt wird, gibt es rechtlich keine Handhabe; auch wenn es einem noch so stinkt.

Juristisch hat die Gemeinde Inning immer wieder mal versucht, die Expansionsgelüste des Hühnermoguls zu bremsen, doch vergebens. Vor dem Verwaltungsgericht sind sie schließlich gescheitert. Denn die Landwirtschaft ist ja schließlich privilegiert - auch wenn die Gesetze noch aus Zeiten stammen, wo es tatsächlich noch um die eine oder andere überschaubare Hühnerschar ging. Bei einem Holzlandvolksfest, das turnusgemäß alle paar Jahre in Inning stattfindet, haben die Inninger ihre rechtliche Niederlage noch einmal richtig unter die Nase gerieben bekommen: Als das Festzelt aufgestellt worden war und sich alle auf das Festwochenende freuten, musste der Geflügelhof leider aus einer zwingenden betrieblichen Notwendigkeit auf dem Stoppelfeld unmittelbar neben dem Volksfestplatz seine Hühnergülle ausbringen. Da war es dann aus mit der Festatmosphäre. Ein paar Hartgesottene haben dann noch versucht, ihre Riechrezeptoren mit Bier zu betäuben. Aber auf ein halbes Hendl hatte dann wirklich keiner mehr Appetit.

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