Mitten im Garten:Der Garexit kann kommen

Seit einigen Jahren setzt sich am Gartenrand fort, was im Straßenverkehr bereits Alltag ist: Wie die Autos werden die Zäune immergrößer, höher und hässlicher

Kolumne von Wieland Bögel

Wer sich durch den Landkreis, und dabei speziell durch besiedeltes Gebiet, bewegt, dürfte es nicht übersehen können: Die Zeiten, als die Grenzen der eigenen Scholle mit ein paar Holzlatten oder einem dezenten Drahtgitter markiert wurden, eventuell assistiert durch eine Hecke, sind vorbei. Seit einigen Jahren setzt sich am Gartenrand fort, was im Straßenverkehr bereits Alltag ist: Wie die Autos werden die Zäune größer, höher und hässlicher. Wobei letzteres Attribut selbstverständlich von den Besitzern sowohl eines Vorstadtpanzers wie einer Vorstadtbefestigungsanlage mit Verve bestritten wird. Ist ja alles eine Frage des richtigen Blicks - wie derselbe in den Katalog eines Herstellers von Aluzäunen beweist.

Auf mehr als 60 Seiten gibt es dort alles, was das Herz begehrt - zumindest wenn es sich nach maximaler Isolation sehnt. Viele Produkte sehen aus wie etwas, das Anwohner des geplanten Brennerzulaufs seit Jahren fordern oder bei deren Anblick man unwillkürlich nach ein paar Bettlaken zum Zusammenknoten sucht. Interessant dabei: die meisten der Kreationen tragen Namen von Städten, die entweder auf einer Halbinsel im Mittelmeer liegen, die sich gerade zum Mutterland der Xenophobie wandelt oder auf einer Insel in der Nordsee, deren Bewohner sich ebenfalls für größtmöglichen Isolationismus ausgesprochen haben - ohne allerdings bisher einen Plan für die Umsetzung gefunden zu haben.

Ganz anders übrigens die potenziellen Kunden der Zaunkreationen. Denn nicht nur verspricht der Hersteller, dass sämtliche Modelle - auf Wunsch mit Metallspitzen in großer Auswahl - sofort lieferbar seien, das für die Montage nötige Werkzeug ist ebenso im Angebot, wie Pflegemittel für den neuen Schutzwall. Wer also seinen Garexit (die aluzaunverstärkte Segregation des eigenen Gartens) plant, kann praktisch sofort loslegen. Wer dann allerdings auf der anderen Seite des neuen Zaunes die Sektkorken knallen hört, dem sei zu sagen: das kann, aber muss nicht unbedingt als Lob für das neue Gestaltungselement verstanden werden . . .

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