Mit dem Hinweis auf Synergieeffekte genehmigt:Ärger im Anflug

Mit dem Hinweis auf Synergieeffekte genehmigt: Im Anmarsch: Die Beamten der Landespolizei und ihre Hubschrauber, die am Flughafen München stationiert sind, werden nach Oberschleißheim verlegt.

Im Anmarsch: Die Beamten der Landespolizei und ihre Hubschrauber, die am Flughafen München stationiert sind, werden nach Oberschleißheim verlegt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Protest gegen den befürchteten Lärm ist erfolglos geblieben: Das Luftamt genehmigt die Verlegung von fünf weiteren Polizeihubschraubern vom Münchner Flughafen nach Oberschleißheim. Dort erwägt man den Klageweg

Von Gudrun Passarge und Simon Schramm, Oberschleißheim

Die Genehmigung des Luftamts Südbayern für den Umzug der bayerischen Polizeihubschrauberstaffel vom Münchner Flughafen nach Oberschleißheim hat im Münchner Norden Entsetzen ausgelöst. Mit dem Hinweis auf Synergieeffekte begründete das Luftamt am Donnerstag seine Entscheidung für die Verlegung von fünf Hubschraubern der Landespolizei an den Standort der Bundespolizei. Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) kündigte erneut Widerspruch an. Er plädiert für den Klageweg. "Jetzt sollten wir den Prozess auch zu Ende bringen."

Ein paar Schallschutzfenster und beschränkte Übungsflüge reichten nicht, kritisiert der Bürgermeister. Das sei viel weniger als 2015. Damals war angeboten worden, den Ort bis zur B 471 komplett mit Lärmschutzfenstern auszustatten. Dem Vorschlag hatte im Oberschleißheimer Gemeinderat jedoch allein Kuchlbauer zugestimmt. Den Tenor der Kritik, wonach alle Negativeinrichtungen in den Münchner Norden kämen, greift auch der Bürgermeister auf. Besonders da die meisten Einsätze im Süden stattfänden, könne er die Entscheidung nicht nachvollziehen. "Was macht es für einen Sinn, die Hubschrauber dann in den Norden zu verlegen?"

Die Oberschleißheimer haben sich lange gegen die Ansiedlung der Hubschrauberstaffel gewehrt. Diese wird 3500 Flüge im Jahr mit sich bringen - zusätzlich zu den 2500, die schon auf das Konto der Bundespolizei gehen. Immerhin hatte die Gemeinde vor Gericht durchgesetzt, dass überhaupt ein Planfeststellungsverfahren stattfinden musste. In dem erreichte der Anwalt der Gemeinde, dass Teile des Lärmgutachtens noch einmal neu berechnet wurden. Trotzdem kommt das Luftamt Südbayern jetzt zu dem Ergebnis: "Dieses Gutachten ergab keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen für große Siedlungsbereiche, zumal im Bereich des An- und Abflugs Wohngebiete nur unregelmäßig überflogen werden." Oberschleißheim und zuletzt auch die Stadt München waren in der Anhörung anderer Meinung. Sie verwiesen auf die vielfältigen Lärmquellen: die überörtlichen Straßen, von denen Oberschleißheim eingekreist sei, die Bahn, die mitten durch den Ort fahre, und die Hubschrauber der Bundespolizei, die viele Menschen nachts aufweckten. Die Bürger mussten sich jedoch belehren lassen, dass eine gemeinsame Berechnung aller Lärmquellen im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Gabriele Kämpf, die von Tür zu Tür gezogen ist, um gegen die Ansiedlung Unterschriften zu sammeln, reagierte auf die Entscheidung der Regierung "total entsetzt. Wir sind verbittert", sagt sie und berichtet, auf ihre Briefe an Ministerpräsident Markus Söder habe sie bislang keine Antwort bekommen. Dabei würde sie Söder gerne zu einer Diskussion einladen, um mit ihm über das Thema Hubschrauber und das "Stiefkind Münchner Norden" zu reden. Ingrid Lindbüchl, die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Gemeinderat, sieht viele Bürger in einem Gewissenskonflikt. Der teilweise halbherzige Widerstand ist ihrer Meinung nach "der Tatsache geschuldet, dass man nicht nur gegen eine lärmende Einrichtung klagt, sondern auch gegen eine helfende". Sie beklagt den Umgang der Behörden mit Gemeinde und Bürgern. Die Verantwortlichen seien sehr spitzfindig. Die Einspruchsfrist von 20. August bis 3. September liege wieder voll in den Sommerferien.

"In Oberschleißheim will niemand die Hubschrauber", sagt SPD-Fraktionssprecher Florian Spirkl. Er unterstützt den Weg, den Kuchlbauer vorgeschlagen hat. "Solange wir es verhindern können, werden wir es versuchen." Unterstützung haben die Oberschleißheimer dieses Mal auch von München. Ähnlich wie die Oberschleißheimer argumentiert Reinhard Sachsinger von der Aktionsgemeinschaft "Rettet den Münchner Norden", der spürbar mehr Lärm im Hasenbergl und in Feldmoching erwartet. Er kritisiert schon seit längerem das aus seiner Sicht intransparente Verfahren der Standortwahl. Die nun genehmigte Stationierung sei "natürlich eine Katastrophe", sagt Sachsinger. "Wir wollten wissen, wie die Entscheidung zustande gekommen ist und ob das der einzige Standort ohne Alternative ist, aber darauf hat uns niemand geantwortet." Auf seine Anfragen habe nur ein CSU-Politiker geantwortet. "Mit dem Münchner Norden kann man es ja machen" - so seine Reaktion auf die ausgebliebenen Reaktionen.

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