Markt Schwaben:Die singende Müllerin

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Doppelte Premiere: Kathrin Nagy aus Markt Schwaben tritt erstmals mit der "Gnadenkapelle" auf - in einem neu hergerichteten Gewölbe der Wolfmühle

Von Anja Blum, Markt Schwaben

Kathrin Nagy ist eine Frau mit vielen Talenten. Und auf der Wolfmühle kommen diese auch alle so gut zum Tragen, dass sie manchmal gar nicht weiß, wo ihr der Kopf steht. Denn das Anwesen ist nicht nur eine vollwertige Mühle, sondern bietet zugleich auch einen Hofladen, ein idyllisches Gartencafé und einen wunderschönen Veranstaltungsort für Feste aller Art. Kathrin Nagy, deren Eltern früher ein Lokal in der Münchner Au betrieben haben, ist sowohl Küchen- als auch Personalchefin, sie organisiert die Feiern, dekoriert die Räume, bestellt für den Hofladen und kümmert sich um den Garten. Sie jongliert also mit Pfanne, Telefon und Blumen zugleich. Eine ganz andere, weniger zupackende Seite aber hat die Müllerin auch noch: Sie komponiert und singt. Das Ergebnis kann man am Freitag, 2. Juni, erleben. Dann nämlich tritt Nagy erstmals mit der Gnadenkapelle auf, und zwar in einem neu hergerichteten Gewölbe der Wolfmühle nahe Markt Schwaben.

"Ich bin schon total nervös", sagt Nagy - fester Händedruck, langer brauner Zopf, offenes Lachen. Schließlich habe sie mehr als zwei Jahre lang ziemlich viel Energie in das Bandprojekt gesteckt, so dass nun die Hoffnung schon groß sei, beim Publikum anzukommen. Herz und Hirn der Gnadenkapelle ist der Gitarrist und Sänger Val Dasch, um ihn herum hat sich die Besetzung zuletzt ein wenig verändert und verjüngt. Das Konzept: Ska, Blues und Jazz aus eigener Feder, dazu gibt es Mundart vom Feinsten. Dass der Radiosender "Bayern 2" bereits auf die neue Gnadenkapelle aufmerksam wurde, ist also wohl kein Wunder.

"Am Anfang steht immer ein Text von Val, dazu liefere ich die Melodie und dann arbeiten wir das Stück zusammen aus - ganz flott und unkompliziert", beschreibt Nagy die Arbeitsweise der Gnadenkapelle. Im Vordergrund aber stünden die Texte: "Klar kann man bei uns mitswingen, aber vor allem sollte man zuhören", sagt die 48-Jährige. Denn die Lieder hätten durchaus Tiefgang, sei es im Sinne von Sozialkritik oder auch von persönlichen Erlebnissen. "Eines ist zum Beispiel meinem toten Vater gewidmet." Doch auch der Humor werde groß geschrieben, sagt Trompeter Josef Hanslmeier, "das ist schon was anderes als in einer Tanzband".

Eine kollektive Endzeitstimmung fängt zum Beispiel der etwas schräge "Fukushima Blues" ein. Ein makabrer Totentanz, der mit aller Kraft das Leben und auch die Liebe feiert, also alles, was in solchen Momenten noch wichtig ist. Und so bleibt dieses Stück ein "musikalisches Marterl am Wegrand der Zeitläufe", heißt es in der Beschreibung der Band. Ein wenig düster kommt auch der Song "1000 Liada" daher, der Amy Winehouse gewidmet ist. Schließlich geht es darin um das viel zu kurze Leben der Sängerin und um die viele Musik, die sie sicher hätte noch machen wollen. Hier überzeugt Nagy mit lässig-dunkler Stimme vor engelsgleichen Chören. Richtig persönlich wird es dann in "G'lobt wean", einem Lied, das sich um den allgegenwärtigen Mangel an Zuspruch dreht. Tiefer Schmerz, süße Sehnsucht - mit ihrer authentischen Art zu singen lotet Nagy hier die ganze Palette der Gefühle aus.

Das Singen begleitet Kathrin Nagy schon sehr, sehr lange. Bereits als Teenager wirkte sie an einer CD-Produktion mit - einer bayerischen Kindermette. "Damals fand ich den Dialekt aber noch voll uncool", erinnert sie sich und lacht. Es folgten diverse Projekte, in Bands, als Boogie-Woogie-Duo, im Gospelchor. Auch einen Gesangswettbewerb gewann Nagy Ende der 1990er - die Krönung war ein Silvesterkonzert auf der Zugspitze. "Aber das war nicht so meins", sagt sie. Zu viel Show, zu wenig echte Musik. "Da habe ich mir das Singen lieber als Hobby bewahrt." Zum Beispiel mit der Band 1000 Heftl, deren Solistin Nagy viele Jahre war. Kein Wunder also, dass sie irgendwann Andreas Löffl von der Wolfmühle kennen und lieben lernte: Auch er macht leidenschaftlich gerne Musik, ist Schlagzeuger in einer Rockband. Ein kleines gemeinsames Projekt ist aber erste jetzt, nach 15 Jahren Ehe, im Entstehen. "Ja, jetzt wagen wir es endlich auch mal, uns musikalisch zusammen auf den Weg zu machen", sagt Löffl - mehr wollen die beiden noch nicht verraten.

Das Gewölbe, in dem das Konzert am Freitag stattfindet, war erst Kuhstall, dann Lager, jetzt hat es die Familie in einen wunderschönen Gastraum verwandelt. Mit viel Holz, den alten Säulen und Backsteinen, rotbraunem Lehmputz an den Wänden und großen Fenstern zum Garten. In der hinteren Ecke ist eine niedrige Bühne aufgebaut, ansonsten ist der Raum gefüllt mit einem Sammelsurium an Tischen, Stühlen, Bänken und Sofas. "Wie es aussieht, werden ziemlich viele Leute kommen", sagt Nagy - und man merkt, dass sie sich als Musikerin freut und zugleich als Gastgeberin besorgt ist ob des möglicherweise zu großen Zuspruchs.

Wird es also weitergehen mit den Konzerten im Kuhstall? "Regelmäßig gute Musik, dazu ein bisschen was zu essen, das wäre schon sehr schön", sagt Nagy. Sie selbst habe dafür jedoch momentan keine organisatorischen Kapazitäten mehr. Trotzdem: "Eine kleine Kulturstätte - das ist schon ein Langzeitziel."

Konzert der "Gnadenkapelle" in der Wolfmühle bei Markt Schwaben, Freitag, 2. Juni, um 20 Uhr. Der Eintritt kostet zwölf Euro, für Stundeten und Senioren zehn Euro. Einlass von 19 Uhr an.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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