Neozoon:Marderhunde schleichen sich ein

Neozoon: Seit 2012 werden Marderhunde auch im Landkreis Erding gesichtet. Ein Marderhund sieht aus wie ein Fuchs in einem zotteligen Waschbärkostüm.

Seit 2012 werden Marderhunde auch im Landkreis Erding gesichtet. Ein Marderhund sieht aus wie ein Fuchs in einem zotteligen Waschbärkostüm.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Wie der Waschbär ist auch dieses kleine Raubtier seit ein paar Jahren in den Landkreis Erding eingewandert. Marderhunde, auch Tanuki oder Enok genannt, stammen ursprünglich aus Asien.

Von Thomas Daller, Erding

Corona wirft immer noch Rätsel auf, auch was die Herkunft des Virus betrifft. Ursprünglich hatte man Fledermäuse in Verdacht, die auf dem Markt in Wuhan gehandelt wurden. Dann verbreitete das FBI die Laborthese, wonach das Virus aus einem chinesischen Hochsicherheitslabor entsprungen sein soll - jedoch ohne dafür einen Nachweis zu erbringen. Seit kurzem hat man nun infizierte Marderhunde in Verdacht, wiederum vom Markt in Wuhan. Rohdaten aus China, die man in der Datenbank Gisaid gefunden hat, gelten dabei als neue, wichtige Spur. Marderhunde leben seit einigen Jahren auch im Landkreis Erding. Seit 2012 verrieten sich einzelne Tiere, indem sie gesichtet wurden, Pfotenabdrücke hinterließen oder von Wildkameras aufgenommen wurden. Aufgetaucht sind sie bisher in den Gemeinden Taufkirchen, Buch am Buchrain, Pastetten und Forstern.

Der Marderhund ist wie der Waschbär in unseren Breiten ein Neozoon, eine Tierart, die in ein Gebiet, wo sie nicht schon immer vorkam, eingeführt oder unabsichtlich eingeschleppt wurde. Marderhunde, auch Tanuki oder Enok genannt, stammen ursprünglich aus Asien. Im 19. Jahrhundert wurden sie nach Russland und in die Ukraine gebracht und dort in Pelzfarmen gehalten. Von dort aus wanderten sie nach Mitteleuropa ein. In Deutschland wurde der erste Marderhund 1962 im Emsland gesichtet, mittlerweile kommen sie in rund einem Drittel aller Jagdreviere in Deutschland vor.

Die Tiere finden einen gedeckten Tisch vor

Auch im Landkreis Erding sind sie bereits aufgetaucht, bestätigt Thomas Schreder, Vorsitzender des Kreisjagdverbandes Erding. Das Raubwild, das aussieht wie ein Fuchs in einem zotteligen Waschbärkostüm, ist vereinzelt gesichtet worden, hat seine typischen Pfotenabdrücke hinterlassen und Selfies mit Wildtierkameras gemacht. Es sind nur wenige Tiere, und die Sichtungen sind so selten, dass man keine Rückschlüsse auf die Bestandsentwicklung ziehen kann. Das kann möglicherweise bedeuten, dass es sich nur um vereinzelt durchziehende Jungtiere handelt, die auf der Suche nach einem geeigneten Revier sind, oder dass ihr Verhalten noch heimlicher geworden ist, sagte Schreder. Zudem sind die Tiere nachaktiv und in der Dämmerung auf Distanz nur schwer zu erkennen.

Geeignete Reviere finden sie im Landkreis Erding vor. Und auch einen gedeckten Tisch, sagte Schreder. Wie Fuchs und Dachs sind sie Allesfresser und somit deren Nahrungskonkurrenten. "Negativ wirkt sich aus, dass sie auch Wiesenbrütergelegte fressen sowie Junghasen oder kleine Kitze", sagt Schreder. Marderhunde haben keine natürlichen Feinde, Einbrüche der Populationen erfolgen meist nur, wenn sie durch Krankheiten wie Räude oder Staupe bedingt sind. Das erfolge aber insbesondere dort, wo auch höhere Populationsdichten vorhanden sind.

Sie sind Leckermäuler und brechen Bienenstöcke auf

Marderhunde können auch wirtschaftliche Schäden verursachen. Aus anderen Regionen gibt es Kameraaufnahmen, bei denen ein Marderhund beispielsweise Bienenstöcke aufbricht. Auch davon ist in Erding bislang nichts bekannt: "Wir tauschen uns mit Imkern aus und darauf bin ich noch nicht angesprochen worden", sagt Schreder.

Wenn sich die Tiere so rar machen, dann sollte man ihre Spuren zumindest im Winter gelegentlich sehen, wenn sie Pfotenabdrücke im Schnee hinterlassen, aber so einfach ist das auch nicht: Marderhunde sind die einzigen Hunde, die eine Winterruhe halten. Dann ziehen sie sich in ihren Bau zurück und zehren von ihrer Fettschicht. Wenn die Temperaturen aber auf 15 oder 16 Grad steigen, wie an Weihnachten vergangenes Jahr, werden sie wieder munter und gehen auf Nahrungssuche. Dann ist der Schnee aber wieder weg und damit auch der Hinweis auf die heimlichen nächtlichen Räuber.

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