Mann wollte seine Frau erdrosseln:Mörderische Depressionen

Ein 67-jähriger Erdinger hat seine Ehefrau attackiert, danach wollte sich der psychisch kranke Mann selbst töten. Als sie sich wehrte, gab er auf.

Von Florian Tempel, Landshut/Erding

Ein 67-jähriger Rentner aus Erding muss sich seit Dienstag am Landgericht Landshut wegen einer schaurigen Tat verantworten. An einem Abend Ende November vergangenen Jahres legte er seiner nichts ahnenden Ehefrau von hinten einen Bademantelgürtel um den Hals und zog mit aller Kraft zu, um sie zu erdrosseln. Wegen einer vermeintlich aussichtslosen finanziellen Lage des Ehepaars nach einer Kreditaufnahmen wenige Monate zuvor wollte er erst sie töten und dann sich selbst das Leben nehmen. Als seine Frau sich wehrte, gab er auf. Der Angeklagte litt zum Tatzeitpunkt an so gravierenden Depressionen, dass er laut einem psychiatrischen Gutachten im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte.

Die äußeren Umstände der Tat sind durch die Verlesung der Anklage nun öffentlich bekannt. Über die genauen Ursachen, über persönliche Details und Einzelheiten zum Angeklagten und seiner Frau wird man aber nichts erfahren. Auf Antrag des Verteidigers hat die dritte Strafkammer unter Vorsitz von Richter Alfons Gmelch die Öffentlichkeit von der Verhandlung weitgehend ausgeschlossen.

Laut Anklage spielte sich das Geschehen so ab: Das Ehepaar war gemeinsam bei der Geburtstagsfeier ihrer Enkelin gewesen und abends gegen 21.30 Uhr in seine Wohnung zurückgekehrt. Die Frau machte sich zum Schlafen bereit. Ihr Mann cremte ihr erst den Rücken ein und holte ihr eine Mandarine. Die Frau saß am Esstisch im Wohnzimmer und wollte die Mandarine essen. Der Angeklagte, der sich kurz zuvor im Badezimmer den Gürtel seines Bademantels in eine Hosentasche gesteckt hatte, trat von hinten an seine Frau heran. Ohne Vorwarnung schlang er ihr den Gürtel um den Hals und zog zu - ein "hinterlistiger Überfall", wie es in der Anklage heißt.

Die Frau war völlig überrumpelt, hatte sich doch ihr Mann bis dahin ganz "friedfertig verhalten" und war ihr "zuvor noch völlig umgänglich und einträchtig gegenübergetreten", steht in der Anklageschrift. Sie wehrte sich und schaffte es, beide Hände unter die Gürtelschlinge zu bekommen. Bei diesem Gerangel stürzte sie zusammen mit ihrem ihr körperlich überlegenen Ehemann zu Boden. "In diesem Moment", so heißt es in der Anklage, "verspürte er Gewissensbiss und Mitleid" und "ließ aus eigenem freien Willen" von seiner Frau ab.

Weil der Angeklagte von selbst seinen Tötungsplan aufgab, wird die Tat nun nicht als versuchter Totschlag oder Mord, sondern lediglich als gefährliche Körperverletzung gewertet. Äußerlich erlitt die Frau nur Hautverletzungen und Schmerzen im Bereich des Halses sowie kleine Einblutungen an der Lippe.

Außer der Zeugenvernehmung von drei Polizeibeamten, die als erste am Tatort waren, wird erst das Urteil wieder öffentlich sein. Das Urteil wird voraussichtlich am Donnerstag gesprochen. Der Vorsitzende Richter begründete den Ausschluss der Öffentlichkeit damit, dass bei der Aussage des Angeklagten, der Vernehmung seiner Ehefrau und im Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dinge zur Sprache kommen werden, "die den Intimbereich und den inneren Persönlichkeitsbereich der Eheleute betreffen" und die Öffentlichkeit nichts angehen.

Seit seiner Festnahme befindet sich der Angeklagte in einer psychiatrischen Klinik. Da er nach ärztlicher Einschätzung zum Tatzeitpunkt nicht schuldfähig war, kann er nicht zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Das Gericht könnte jedoch seine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik anordnen. Diese wäre prinzipiell unbefristet. Die behandelnden Ärzte müssten entscheiden, ob und wann man ihn wieder in Freiheit entlässt. Eine juristische Voraussetzung für eine dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie ist jedoch, ob der Angeklagte "für die Allgemeinheit gefährlich ist", wie es in der Anklage heißt. Es ist zudem auch möglich, eine Unterbringung zur Bewährung auszusetzen. Der Vorsitzende Richter teilte mit, dass der Anwalt des Angeklagte ihm bereits versichert habe, sein Mandant könnte in Zukunft bei seiner Schwester wohnen.

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