Jahrzehntelang hat sich Jean-Pierre Felix-Eyoum für die Rehabilitierung seines Großonkels Manga Bell eingesetzt. Rudolf Duala Manga Bell war König der Duala, eines Volkes, das in Kamerun eine Handelsdynastie aufgebaut hatte. Er wurde im August 1914 hingerichtet, weil ihn die deutschen Kolonialherren des Hochverrats bezichtigt hatten.
Manga Bell hatte sich jedoch lediglich mit zivilen Mitteln dagegen gewehrt, dass die Deutschen vertragsbrüchig wurden und seinem Volk mit Gewalt ihr Land weggenommen hatten. In Kamerun wird er als Nationalheld verehrt, in Deutschland galt er aber offiziell als Verbrecher und Hochverräter.
Das hat sich nun geändert: Bei den Feierlichkeiten aus Anlass seines 110. Todestages in Kamerun hat das Auswärtige Amt im Namen der Bundesrepublik offiziell publiziert, dass das Urteil Unrecht war und die Ermordeten unschuldig waren. Es ist dies die erste Rehabilitierung von Opfern der deutschen Kolonialjustiz. Die Manga Bell gebührende Ehre ist damit wieder hergestellt.
Eine treibende Kraft hinter dieser Entscheidung ist Manga Bells Großneffe Jean-Pierre Felix-Eyoum, der in Dorfen lebt. Der pensionierte Lehrer war als Kind nach Deutschland gekommen, um hier zu studieren. In den 1990er-Jahren stöberte er zusammen mit einem Dokumentarfilmer in der Familiengeschichte und stieß dabei auf das Schicksal seines Großonkels. Die Duala hatten 1884 einen Schutzvertrag mit den Deutschen abgeschlossen und mit Elfenbein, Kautschuk und Palmöl gehandelt.
Anfangs gedieh die Zusammenarbeit, King Bell, der Großvater von Manga Bell, mochte die Kultur der Fremden und schickte seinen Enkel Rudolf im Alter von 18 Jahren nach Deutschland. Rudolf besuchte die Volksschule in Aalen und anschließend das Humboldt-Gymnasium in Ulm. Er wurde ein Verfechter des Humanismus und beschäftigte sich mit Jura.

Kolonialismus:Deutsche Werte einpeitschen
Rudolf Duala Manga Bell bewundert seine deutschen Kolonialherren, glaubt an ihre Kultur, ihren Kaiser, ihre Mission. Doch der kluge Prinz aus Kamerun täuscht sich - so tragisch wie tödlich. Ein bis heute ungesühnter Fall.
Manga Bell kehrte nach Kamerun zurück und als sein Vater 1908 starb, wurde er selbst zum König gekrönt. Die Kolonialisten rissen in den darauffolgenden Jahren vertragswidrig den Handel in Kamerun an sich, verlangten unerhörte Steuern und zwangen die Menschen zur Sklavenarbeit. Es sollte ein gigantischer Hafen errichtet und die störende Bevölkerung in malariaverseuchte Sumpfgebiete umgesiedelt werden. Manga Bell, mit deutscher Sprache, Kultur und Recht vertraut, weigerte sich, den Umsiedlungsplänen zu folgen, er schaltete deutsche Zeitungen ein, deutsche Anwälte sowie Abgeordnete des Berliner Reichstags.
Trotzdem blieb im August 1914 der entscheidende Beistand aus. Das Bezirksgericht Duala verurteilte Manga Bell wegen Hochverrats zum Tod durch den Strang. Es kam zu einem Aufstand. Mehrere Hundert Afrikaner fielen in den Tagen nach den Justizmorden der Schießwut deutscher Kolonialsoldaten zum Opfer. Als wenige Wochen später der Erste Weltkrieg Kamerun erreichte, stellten sich die Duala an die Seite der Briten und die deutsche Kolonialherrschaft ging unter.

Jean-Pierre Felix-Eyoum beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit der Geschichte seines Großonkels. Inzwischen wurden bereits die ersten Plätze in den Städten Aalen, Ulm und Berlin nach Manga Bell benannt. Auch das ist ein Verdienst von Felix-Eyoum, der viel Aufklärungsarbeit in diesen Städten geleistet hat. Zusammen mit mehreren Professoren und Prinzessin Marylin Douala Manga Bell hat Felix-Eyoum auch eine Petition beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags eingereicht. Darin heißt es: „Die Anklage war unbegründet und ein konstruierter Vorwand zur Eliminierung kolonialen Widerstands.“

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Felix-Eyoum war nun auch in Kamerun dabei, als die deutsche Botschafterin Corinna Fricke bei der Gedenkfeier zum 110. Todestag von Rudolf Duala Manga Bell die Rehabilitierung verlas. „Für mich ist damit ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung dieser Kolonialgeschichte zwischen Deutschland und Kamerun gemacht und das Anliegen meiner Petition erledigt“, sagte Felix-Eyoum. „Mit großer Freude habe ich die Ereignisse der letzten Wochen wahrgenommen und bin zuversichtlich, dass die Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit in Kamerun auf einem guten Weg ist.“