Maifeier beim DGB:Ungewisse Zukunft

Warnstreik bei BMW in München, 2013

Der Mindestlohn ist ein Niedriglohn, das sagt Wolfgang Veiglhuber. Immer mehr Menschen können ihren Lebensunterhalt mit ihrer Arbeit nicht bestreiten.

(Foto: Catherina Hess)

Wolfgang Veiglhuber vom DGB-Bildungswerk stimmt in seiner Mai-Rede auf kommende Aufgaben ein. Die Digitalisierung und die Flüchtlingsproblematik zwingen zum Umdenken

Von Antonia Steiger, Erding

Die Gewerkschaften stehen vor wichtigen Aufgaben. Sie müssen sich mit einer sich verändernden Arbeitswelt befassen und Lösungen finden auf Fragen, die es bis vor kurzem noch gar nicht gegeben hat. Wolfgang Veiglhuber vom DGB-Bildungswerk Bayern befasste sich am Sonntag in seiner Mai-Rede vor dem DGB Erding mit der Digitalisierung der Arbeitswelt und mit der Flüchtlingsproblematik. Letztere sei auch die für Gewerkschaften ein Thema, sagte er, denn auch viele Gewerkschafter wählten die AfD (Alternative für Deutschland). Er forderte eine genaue Betrachtung der Folgen des Kapitalismus auf nationaler und internationaler Ebene. Und er forderte eine Auseinandersetzung mit den politisch Rechten.

Nationale Interessen

Veiglhuber forderte, die Frage der Fluchtursachen ernsthaft zu diskutieren. "Wir müssen die Welt anschauen, wie sie jetzt dasteht." In Afrika würden die Lebensgrundlagen der Menschen zerstört. Freihandelsabkommen mit Ländern Afrikas verstärkten die wirtschaftliche Benachteiligung dieser Länder. "Das ist eine Entwicklung der letzten Jahre", sagte Veiglhuber. Die Menschen in Afrika würden "ökonomisch überflüssig", es werde Armut produziert. Dazu käme eine "massive Zunahme der politischen Konflikte". Immer mehr Staaten versuchten, ihre nationalen Interessen durchzusetzen, teilweise auch in friedlicher Form, und dafür stehe TTIP. Die Flüchtlingsproblematik sei die "unvermeidliche Konsequenz der ökonomischen und politischen Lage der Welt". Globalisierung bedeute, dass sich Ländern öffnen müssten und dass sie akzeptieren müssten, dass sich ihre Gesellschaft verändere.

Veränderungen kommen auf die Menschen aber auch in Form der Digitalisierung der Arbeitswelt zu. Wie die digitalisierte Arbeitswelt einmal aussehe, sei unklar, sagte Veiglhuber. Klar sei jedoch, dass sie Konsequenzen habe für abhängig Beschäftigte. Manche redeten davon, dass mehr als vierzig Prozent der Arbeitsplätze wegfielen. Der internationale Wettbewerb werde sich weiter verschärfen, sagte Veiglhuber, weswegen von Seiten der Arbeitgeber schon jetzt etliche Forderungen laut würden: Mitbestimmung und Arbeitszeiten müssten dereguliert werden, eine Beschränkung der Leiharbeit müsse aufgehoben werden. Dass viele mit ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr verdienen könnten, sei bereits Realität, sagte Veiglhuber. Den Zusammenhang von Leben und Arbeit gebe es für viele Aufstocker schon jetzt nicht mehr.

Gewerkschaften verlieren an Reichweite

Für die Gewerkschaften kommt laut Veiglhuber als weiteres Problem hinzu, dass sie an Reichweiter verlören. Der Deckungsgrad von Tarifverträgen, an denen Gewerkschaften beteiligt sind, nehme ab. Schon jetzt seien nur noch 47,8 Prozent aller Verträge für Vollzeitbeschäftigte von Tarifverträgen geschützt.

Applaus und Zustimmung erntete der Erdinger OB Max Gotz (CSU) im Kreise von Gewerkschaftler und Sozialdemokraten für die Entscheidung, den verkaufsoffenen Sonntagen vorerst einen Riegel vorzuschieben. Wie berichtet hatte der Stadtrat auf Initiative von Gotz beschlossen, dass ein verkaufsoffener Sonntag am 10. April nicht stattfinden durfte, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht erfüllt seien. Ihnen zufolge muss ein Ereignis in der Stadt so viel Publikum anziehen, dass dadurch die Öffnung der Geschäfte an einem Sonntag gerechtfertigt wäre - und nicht umgekehrt. Zustimmung bekam Gotz aber auch für die Bemühungen der Stadt Erding um günstigen Wohnraum. Die Voraussetzungen für die Soziale Bodennutzung (Sobon) sind laut Gotz bald alle erfüllt.

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