Luftverschmutzung:Alarmierende Werte

Mit einem neuen Gerät kann der Bürgerverein Freising nun auch extrem kleine Partikel in der Luft feststellen. Erste Messungen zeigen laut Reinhard Kendlbacher eine erhebliche Ultrafeinstaub-Belastung rund um den Flughafen

Von Johann Kirchberger, Freising

Mit seinem neuen Messgerät Discmini kann der Bürgerverein Freising den Ultrafeinstaub (UFP) in der Umgebung des Flughafens noch genauer messen. Erfasst werden können nun auch Partikel bis zu einer Größe von zehn Nanogramm. Die Ergebnisse seien erschreckend, sagte Vorsitzender Reinhard Kendlbacher bei der Mitgliederversammlung des Vereins im Vöttinger Sportheim. Die Zahl der erst vor wenigen Tagen gemessenen Partikel gehe von 4212 in Freisinger Wohngegenden, 30 917 an Hauptverkehrsstraßen bis zu 88 167 Partikel pro Kubikzentimeter am Flughafen.

Ultrafeinstaub entstehe überwiegend bei der Verbrennung von Kerosin am Boden, je kleiner die Partikel, desto gefährlicher seien sie für die Gesundheit, so Kendlbacher. Das sehe das Helmholtz-Zentrum so, weil dieser Feinstaub direkt in die Blutbahn eindringen könne und das bewerteten auch HNO- und Lungenfachärzte so, die Ultrafeinstaub als fünfmal so gefährlich wie Stickoxide bezeichnet hätten. Die Partikel seien verantwortlich für Demenz, Schlaganfälle, Herzinfarkte und Lungenkrebs. Doch die Politiker nähmen diese Auswirkungen nicht zur Kenntnis. Dabei würden täglich am Flughafen mehr als 500 000 Liter Kerosin "zu Trillionen UFP" verbrannt und vom Wind kilometerweit ins Umland getragen. Im Koalitionsvertrag der Groko werde auf diese Gefahren nicht eingegangen, bedauerte Kendlbacher, es werde sogar festgehalten, dass Flughäfen und Luftfahrtgesellschaften weiter entlastet werden müssten, und der bedarfsgerechte Ausbau der Flughäfen weiter möglich sein müsse.

Kendlbacher berichtete auch über das UFP-Symposium in Berlin. Eine der wichtigen Erkenntnisse dort sei die Feststellung, dass der von der Flughafen GmbH gemessene größere Feinstaub zu vernachlässigen sei. Was zähle sei der Ultrafeinstaub. Je kleiner die Partikel, desto gefährlicher seien sie. Trotzdem werde UFP nicht gemessen und die Luft in Pulling oder Eitting deshalb als sauber bezeichnet. Kritisiert wurde von Kendlbacher die "auffällige Vernetzung" von Behörden und Flughafenbetreibern, die bundesweit festzustellen sei. In den Flughafenregionen dominiere die Desinformation, sagte er. Als Beispiel nannte er auch die Flugrouten. So hätten örtliche Bürgerinitiativen beim Berlin-Symposium berichtet, dass die tatsächlich geflogenen Routen später ganz anders ausgesehen hätten als die zunächst angekündigten. Auch deshalb hätten die Bürgerinitiativen vereinbart, sich enger zusammenzuschließen und eine Arbeitsgemeinschaft beim Thema Ultrafeinstaub zu gründen. Der Bürgerverein Freising wolle zudem Mitglied der Bundesvereinigung gegen Fluglärm werden.

Als Hauptziel seines Vereins nannte Kendlbacher die Reduzierung der Flugbewegungen. Um dies zu erreichen, wolle man "Unruhe stiften und die Politiker wachrütteln". Die Regierungsparteien müssten endlich ihrer Fürsorgepflicht nachkommen, "Gesundheit geht vor Mobilität". Außerdem forderte er, die Messungen am Flughafen staatlichen Stellen zu übertragen, "so etwas darf man doch nicht den Betreibern überlassen". Ob das etwas bringt, sei eine andere Sache. So habe Flughafenchef Michael Kerkloh auf den Vorwurf, die FMG messe an den falschen Stellen, geantwortet, das sei alles mit dem Umweltministerium abgesprochen.

Kopfschütteln habe bei ihm auch die Ankündigung der FMG ausgelöst, auf dem Flughafengelände eine Art Silicon Valley entstehen zu lassen, 120 Hektar zu versiegeln und Arbeitsplätze für 5000 Menschen zu schaffen. Kendlbacher zitierte Holger Magel, den Präsidenten der Akademie für den ländlichen Raum: "München ist überhitzt", habe der jüngst erklärt und einen Wachstumsstopp gefordert. Die Arbeitsplätze, die hier geschaffen würden, auch durch den möglichen Bau einer dritten Startbahn, habe Magel nicht als Segen, sondern als Bedrohung bezeichnet.

Dass es für den Bau einer dritten Startbahn nach wie vor keinen Bedarf gebe, untermauerte Kendlbacher mit den neuesten Zahlen der Flugbewegungen im Erdinger Moos. Die hätten im Januar nur um ein Prozent zugenommen, im Februar seien sie sogar um 0,3 Prozent gesunken.

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