Süddeutsche Zeitung

Lob für die "Riesenleistung" vom Landrat:Zur Strecke gebracht

Bei der Hegeschau des Kreisjagdverbandes werden die Abschusszahlen des vergangenen Jahres präsentiert: 3549 Rehe, 201 Wildschweine und 383 Kormorane

Von Philipp Schmitt, Isen

Ein Plädoyer für die Bedeutung der Jagd für eine intakte Natur hat der Vorsitzende des Kreisjagdverbands (KJV), Thomas Schreder, bei der öffentlichen Pflichthegeschau im Gasthaus Klement in Isen gehalten. Er rief zum Dialog zwischen Jägern, Politikern, Vertretern der Behörden und Land- und Forstwirten auf: "Wir müssen die gute Zusammenarbeit fortsetzen und für eine gute Öffentlichkeitsarbeit sorgen, denn die Jagd wird kritisch hinterfragt." Schreder nahm auch geplante neue EU-Vorschriften zur Jagd aufs Korn und bat um einen fairen Umgang mit den Jägern. Sie sollten nicht zum Spielball der Interessen werden, man müsse sie unterstützen in ihrer Arbeit für den Naturschutz und die Pflege der Kulturlandschaft. Bei der Hegeschau wurden Hunderte Trophäen der im Jagdjahr 2016/2017 zur Strecke gebrachten Tiere ausgestellt, der Kreisjagdverband organisierte die Veranstaltung im Auftrag des Landratsamtes.

Ein Lob für die "Riesenleistung" der Jäger gab es von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), der betonte, dass im vergangenen Jagdjahr die geplanten Abschusszahlen zu mehr als 98 Prozent erfüllt worden seien. Nach Klagen von Anglern und Fischzüchtern seien zum Schutz der Fische zudem fast 400 Kormorane zur Strecke gebracht worden.

Werner Pirschlinger von der Unteren Jagdbehörde des Landratsamts teilte mit, dass im Jagdjahr 2016, das bis März 2017 lief, 3549 Abschüsse von Rehwild gemeldet und damit die geplanten 3597 nur um 48 Stück oder 1,3 Prozent knapp verfehlt wurden. Sorge bereite mit 47 Unterschreitungen nur die Hegegemeinschaft Erding-Süd. Die Revierinhaber würden demnächst zum Dialog aufgefordert, um die Ursachen des Defizits zu finden. Pirschlinger fügte an, dass sich die Zahl der geschossenen Wildschweine auf 201 erhöht habe - im Vorjahr wurden 174 Abschüsse registriert. Im Vergleich zum Jahr 2012 hat sich die Zahl fast verdoppelt. Im relativ waldarmen Norden des Landkreises wurden 73 und im Süden zwischen Hörlkofen, Buch und Isen 128 Wildschweine erlegt, die auf den Feldern erhebliche Schäden angerichtet haben. Kormorane seien im Landkreis 383 erwischt worden. Als "Trauerspiel" bezeichnete Pirschlinger den Bestand an Hasen und Fasanen. Diese seien ebenso wie ältere kapitale Rehböcke im Landkreis zum seltenen Anblick geworden. Als problematisch bezeichnete er die Zahl von 891 verunfallten Rehen, die meisten kamen auf Straßen unter die Räder.

Kreisjagdberater Walter Zwirglmaier nannte als Gründe für die erneut gestiegene Zahl der Wildunfälle das Verkehrsaufkommen und neue Straßen in der Wachstumsregion sowie das geänderte Freizeitverhalten. Spaziergänger, Jogger und Radler trieben die Wildtiere in die Enge, sie wichen auf die Straßen aus. Er forderte einen sensiblen Umgang mit Wildtieren.

Stefan Warsönke vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fügte an, dass nach dem derzeit gültigen Abschussplan in drei Jahren insgesamt 10 791 Abschüsse (3597 im Jahr) festgelegt worden seien, die Zahlen basierten auf Untersuchungen der Verbissschäden im Wald. Im kommenden Jahr starteten bereits die Untersuchungen und Gutachten für den nächsten Dreijahresplan. Kreisbäuerin Irmgard Posch und der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Jakob Maier, boten den Jägern eine gute Zusammenarbeit an. Statt "Schwätzer sind Macher, die anpacken können, gefragt", sagte Maier. Schreder nahm das Angebot zum Dialog gerne an, diese Gespräche seien unverzichtbar. Der KJV-Chef appellierte zudem an den Jäger-Nachwuchs, sich bei der Identifizierung von Fährten nicht zu sehr auf technische Hilfen via Smartphone zu verlassen und den Respekt vor der Natur zu bewahren. Für Jäger aus Überzeugung sei die Jagd keine reine Dienstleistung, sondern ein umfassendes Naturerlebnis, für das Fachwissen und gute Ausrüstung nötig seien.

Jagd dürfe auch in politisch stürmischen Zeiten nicht zum Spielball der Politik werden. Schreder fügte an, dass die genannten Abschusszahlen von den Jägern so erwartet wurden. Die weitere deutliche Zunahme des Schwarzwildes mit einer im Vergleich zum Vorjahr um etwa 15 Prozent höheren Abschussquote bereite Sorgen. Allerdings sei in den Nachbarlandkreisen Ebersberg und Freising die Lage noch deutlich schlimmer. "Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen der Jäger und Landwirte, damit wir auch bei uns nicht zu viel Schwarzwild bekommen und die Schäden tragbar bleiben."

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften im BBV-Kreisverband, Fritz Gruber, fügte an, dass sich neben den etwa 80 000 Wildschweinen in Bayern auch Wölfe wieder ausbreiteten und einzelne im Landkreis bereits gesichtet worden seien. "Der Wolf darf bei uns in dicht besiedelten Wachstumsgebieten kein Thema werden. Wölfe haben hier im Landkreis keinen Platz", sagte Gruber. Im Landkreis gibt es in mehreren Hegegemeinschaften 110 Reviere mit 560 Jägern.

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SZ vom 25.04.2017
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