Lehrlingsmangel:Azubis - verzweifelt gesucht

Ausbildung zur Fachkraft Lagerlogistik

Begehrter Nachwuchs: Faisal Ahmad Asghari (li.) und Andreas Petermann werden bei der Spedition ITG, Schwaig, von Christian Kesseler eingewiesen.

(Foto: Stephan Görlich)

Ab 1. September bilden Unternehmen wieder Nachwuchskräfte aus. Da sich Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nicht decken, gibt es im Landkreis noch viele offene Ausbildungsstellen. Die Arbeitsagentur setzt bereits seit längerem auf Last-Minute-Vermittlung

Von Korbinian Hartmann, Erding

Am 1. September beginnt das neue Ausbildungsjahr - und die Firmen im Landkreis klagen über offene Stellen. Im Juli waren immerhin noch 285 der 683 offenen Ausbildungsstellen im Landkreis unbesetzt. Trotzdem gehen nicht alle Berufswünschereibungslos in Erfüllung. "Viele Jugendliche wollen als Mediengestalter oder im tiermedizinischen Bereich arbeiten, aber dafür ist das Angebot an Ausbildungsplätzen zu gering", sagt Christine Schöps von der Arbeitsagentur Freising. Erschwert werde eine erfolgreiche Suche zusätzlich durch hohe Anforderungen der Arbeitgeber und die frühen Bewerbungsfristen.

Dennoch sei die Last-Minute-Lehrstellenvermittlung, die nun schon seit einigen Jahren erfolgreich betrieben wird, sehr wichtig, nicht nur, weil viele Arbeitgeber noch auszubildende Köche, Bäcker oder Elektriker suchen. Ziel sei auch, Kontakt zu Jugendlichen aufzubauen. Viele haben laut Schöps Probleme beim Übergang von der Schule zur Ausbildung. "Mit fünfzehn Jahren sind viele dafür noch zu jung." Außerdem müsse man jungen Erwachsenen, die im Elternhaus wenig Unterstützung erfahren, unter die Arme greifen, um sie mit der Arbeitssuche vertraut zu machen. Damit ließen sich auch sogenannte Einstiegsqualifizierungen vermitteln, bei denen die Jugendlichen ein halbjähriges Praktikum in einem Unternehmen absolvieren, um Erfahrungen zu machen. Parallel besuchen die Praktikanten die Berufsschule. Nach sechs Monaten können die Jugendlichen dort etwa eine Ausbildung beginnen. Auch für junge Flüchtlinge sei das Angebot sehr hilfreich, um Kontakt zu den Unternehmen herzustellen und diese auf Unterstützungsbedarf wie Sprachförderung aufmerksam zu machen.

Neben den unterschiedlichen Vorstellungen von Azubis und Arbeitnehmern begründet Schöps die Situation auch mit dem zunehmenden Trend der Jugendlichen, das Abitur zu machen und ein Studium anzustreben. "Viele Jugendliche können aber auch den Ansprüchen der Unternehmen nicht gerecht werden", sagt Schöps. In Bereichen wie der Gastronomie kommt hinzu, dass der Jugendschutz aufgrund später Arbeitszeiten einen Ausbildungsvertrag vor Erreichen der Volljährigkeit verhindert.

Schöps betont, dass die Zahlen der Arbeitsagentur jedoch nicht die Gesamtheit an Ausbildungsstellen und Jugendlichen auf Arbeitssuche im Landkreis abbilden. "Weder Arbeitgeber noch Jugendliche sind verpflichtet, ihre Ausbildungsstellen bei der Agentur für Arbeit zu melden oder die Berufsberatungsangebote in Anspruch zu nehmen."

Laut Statistik ist der Personalbedarf bei Kaufkräften im Einzelhandel am höchsten, da dort auch die meisten Stellen ausgeschrieben sind. Die Zahlen sprechen auch für einen Azubimangel in der Logistik. Dass sich bei den Fachkräften für Lagerlogistik ein Rückgang bemerkbar macht, sei auch beim Speditionsunternehmen ITG in Schwaig zu spüren, so Personalsacharbeiterin Sandra Pajonk. "Im Moment ist die Zahl unserer auszubildenden Lagerlogistiker noch in Ordnung, aber wenn sie weiter zurückgeht, wird es für uns irgendwann problematisch", sagt Pajonk.

Die Gründe für diese Abnahme liegen laut Pajonk unter anderem in dem Beruf selbst. "Fachkraft für Lagerlogistik ist ein harter Job, bei dem man viel anpacken muss", so Pajonk. Des Weiteren kämen viele Bewerber auch von der Hauptschule, und die seien dann oft zu jung, um ausreichend Vorstellungen von dem Beruf zu haben. Zudem hätten sie teilweise zu wenige Praktika absolviert, die sie für die Ausbildung hätten begeistern können.

Deshalb möchte das Unternehmen in Zukunft noch mehr auf Berufsmessen vertreten sein und an Schulen gehen, um den Job vorzustellen. "Vor allem möchten wir die Praxisarbeit des Lagerlogistikers vorstellen", sagt Pajonk.

Auch geringer qualifizierte Arbeitskräfte haben bei der ITG eine Chance: "Es gibt bei uns auch genügend wichtige Arbeitsplätze, für die man keine Qualifikationen braucht." Die zahlreichen Bewerber könnten sich beim Probearbeiten beweisen. In anderen Ausbildungsberufen bei der ITG sei die Zahl an Azubis auch nach wie vor stabil.

Einen Grund für den Rückgang an Azubis in der Nahrungs- und Genussmittelbranche sieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in befristeten Arbeitsverträgen. Für Berufseinsteiger seien das schlechte Perspektiven, so Georg Schneider, Geschäftsführer der NGG-Region Rosenheim-Oberbayern. "Wer als Job-Starter eine Familie gründen oder einen Kredit für die Wohnungseinrichtung bekommen möchte, braucht einen sicheren Arbeitsplatz und keinen Zitter-Vertrag."

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