Lebensretter:Dramatische Minuten auf der Autobahn

Fünf Fußballfreunde aus Vaterstetten werden mit der Christophorus-Medaille ausgezeichnet, weil sie einem Kameraden das Leben retteten

Von Sandra Langmann, Vaterstetten

Die hell erleuchtete Allianz-Arena bleibt Günter Lenz wohl für immer im Gedächtnis verankert. Immer, wenn er an den 20. März 2015 zurückdenkt, als er mit fünf Fußballfreunden zum Lebensretter wurde, taucht dieses Bild vor seinen Augen auf. Am Nachmittag spielten die C-Senioren des Fußballvereins Baldham-Vaterstetten gegen Plasma Garching. Wer das Spiel für sich entschieden hat, weiß Lenz gar nicht mehr. Erinnern kann er sich dafür genau an einen Mitspieler, der sich schon die ganze Zeit unwohl fühlte. "Doch er fing sich wieder und wurde für die letzten Minuten eingewechselt", sagt Lenz. Zwischen 18.30 und 19 Uhr machten sie sich gemeinsam auf den Heimweg. Lenz saß auf dem Beifahrersitz. Außerdem nahmen sie noch Florian Moser und Günther Göpfrich mit, die auf der Rückbank Platz nahmen. Als sie von Garching auf Höhe der Allianz-Arena auf die Autobahn A 9 auffuhren, sackte der Fahrer plötzlich zusammen. Geistesgegenwärtig schob ihn Lenz etwas zur Seite, griff ins Lenkrad und umklammerte es mit beiden Händen.

Jemand anderes hätte vermutlich die Handbremse hochgerissen, "doch das fiel mir in dieser Situation gar nicht ein", so Lenz. Er habe lediglich versucht, mit dem Fahrzeug nicht auf die mittlere Spur zu gelangen. "Ich habe nicht lange nachgedacht", sagt Lenz. Ins Lenkrad zu greifen, sei ihm in diesen Sekunden logisch erschienen. Aber dann? Sollte er das Fahrzeug vorsichtig gegen die Leitplanke lenken? In diesem Augenblick bemerkte Lenz, dass das Auto langsamer wurde. Der Grund hätte nicht schlimmer sein können, denn der Fahrer hatte einen Herzstillstand erlitten, alle Spannung war aus seinem Körper gewichen, sodass er kein Gas mehr geben konnte. Der Wagen kam auf dem Standstreifen zum Stehen. Lenz und die beiden anderen Mitfahrer wussten, dass sie umgehend handeln müssten. Den Bewusstlosen auf der Fahrerseite aus dem Auto zu ziehen, erschien ihnen zu gefährlich. "Wir spürten den Luftzug der vorbeifahrenden Autos", so Lenz. Deshalb hievten sie den Mann über die Beifahrerseite auf die Straße, um dort mit Wiederbelebungsmaßnahmen zu beginnen. Lenz begann mit der Herzmassage, Florian Moser mit der Mund-zu-Mund-Beatmung, während Hans Günther Göpfrich den Notruf verständigte. Etwas später trafen zwei weitere Fußball-Kollegen ein, die sich ebenfalls auf dem Heimweg befanden. Thilo von Bruchhausen und Gabriel Fischer sicherten die Stelle und lösten Lenz und Göpfrich ab. Wie lange es dauerte, bis Rettungskräfte und ein Notarzt vor Ort waren, daran kann sich Lenz nicht mehr erinnern. "Ich denke, so zwischen acht und zehn Minuten." Er hatte sich völlig auf seine Aufgabe konzentriert. Erst als seine Kollegen ihn ablösten, habe er bemerkt, wie sehr er sich anstrengen musste.

Seit Günter Lenz' letztem Erste-Hilfe-Kurs sind 25 Jahre vergangen. Doch es ist längst nicht alles verblasst. "Dort habe ich gehört, dass man was tun muss", schildert Lenz, der für die SPD im Vaterstettener Gemeinderat sitzt und dritter Bürgermeister ist. Daher habe er alles versucht, um seinen Kollegen am Leben zu erhalten. Mit Erfolg. Der Mann kämpfe zwar bis heute mit gesundheitlichen Problemen, "er versucht aber schon wieder ein wenig Fußball zu spielen", freut sich Lenz.

Für ihr mutiges Eingreifen werden Günter Lenz, Florian Moser, Hans Günter Göpfrich, Thilo von Bruchhausen und Gabriel Fischer nun geehrt. Bei einer Feierstunde an diesem Mittwoch in der Residenz in München werden sie von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mit der Christophorus-Medaille für Lebensretter ausgezeichnet.

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