In Adlstraß, in der Hügellandschaft bei Dorfen, blüht zwischen Mitte Juni und Mitte Juli auf 3,3 Hektar das größte Lavendelfeld Süddeutschlands. Landwirt Matthias Tafelmeier hat dort 2019 insgesamt 80 000 selbst gezogene Wildlavendelpflänzchen gesetzt. Aus den Blüten stellt er Lavendelwasser und Lavendelöl her. Das Lavendelfeld hat sich nicht nur zu einem Magnet für Wildbienen, Schmetterlingen, Vögeln, Eidechsen und Blindschleichen entwickelt, sondern wird immer mehr als Kulisse für Fotos und Videos genutzt. Müll, wildes Parken und zertrampelte Pflanzen haben so überhandgenommen, dass Tafelmayer von den Besuchern die Einhaltung von Benimmregeln einfordern muss.
Der Landwirt hat in Adlstraß den elterlichen Hof übernommen. 2018 wollte er auf die zunehmend trockener werdenden Sommer reagieren und gleichzeitig eine ökologisch wertvolle Anbaufläche schaffen. Als gelernter Landschaftsgärtner dachte er um: „Die Böden waren verarmt an Humus. Ich hätte jahrelangen Humusaufbau betreiben können oder Pflanzen suchen, die mit dem Standort zurechtkommen.“ Seine Wahl fiel auf den wilden Lavendel. Er ist zwar nicht so ertragreich wie die hochgezüchteten Sorten in der Provence, dafür jedoch robuster, frostbeständiger und wenig anfällig für Schädlinge.
„2019 habe ich angefangen und jede Reihe mit der Rübenhacke bearbeitet“, sagt Tafelmeier. 2020 begannen die Jungpflanzen zu blühen. Ausflügler nahmen die ersten Fotos auf und stellten sie ins Internet. „Danach stand das Telefon nicht mehr still“, sagt Tafelmeier. Von Hamburg bis Österreich kamen die Anrufe, viele wollten wissen, welche kommerziellen Ziele er mit dem Lavendel verfolge. „Mir geht es aber nur um eine Nische, preislich kann ich mit dem Anbau in Rumänien und Bulgarien niemals mithalten.“
Lavendel betrachtet er als eine Heilpflanze der Natur mit einer langen Tradition. Allein der Duft der Blüten auf dem Feld habe auf ihn eine beruhigende und entspannende Wirkung. Aber die Vermarktung spiele keine allzu große Rolle. Tafelmeier hat seine eigene Destille, die er auch ständig weiterentwickelt, und damit stellt er das Lavendelwasser und das Lavendelöl her. Verkauft wird es in seinem Hofladen, wo es auch den Saft der Aroniabeeren gibt, die er ebenfalls selbst anbaut. Eine Vermarktung über Naturkostläden sei nicht geplant, sagt Tafelmeiers Lebensgefährtin Hildegard Pritscher: „Die brauchen auch noch eine Gewinnspanne und dann kommt bei uns kaum noch was an.“ Außerdem sind sie nicht allein auf den Lavendel angewiesen. Zum Biobauernhof gehören 45 Hektar landwirtschaftlicher Grund und Wald.
Mit der Blütezeit kommen nun auch wieder die Tiktoker nach Adlstraß
Tafelmeier betont, dass auf seinem Feld der wilde Lavendel wachse, die ursprüngliche Form, keine Züchtung, die auf hohen Ertrag abziele. Das Lavendelöl könne man in der Kosmetik, zum Würzen von Speisen, als Badezusatz und als Wäscheduft verwenden. Außerdem könne es Entzündungen hemmen und Wundheilung fördern. Er verwende es bei Wunden, Mückenstichen, Sonnenbrand und Nackenverspannungen und auch präventiv gegen Mücken und Zecken.
Mit der nun einsetzenden Blütezeit werden nun auch wieder die Besucher kommen, die ein Selfie machen wollen oder ein Tiktok-Filmchen. Tafelmeier hat grundsätzlich nichts dagegen, solange sie nicht im Feld herumtrampeln. Aber er will Hinweisschilder aufstellen und im Internet auf die Benimmregeln hinweisen. Dazu gehört, dass man auf der schmalen Zufahrtsstraße nicht parken darf, neben seinem Hof stehe eine Fläche zur Verfügung. Wer Aufnahmen im Feld machen will, darf nicht weiter als drei Meter hineingehen und sollte dann aber auch eine Spende hinterlassen. Hunde im Feld sind verboten, denn: „Der Lavendel mag es nicht, wenn sie ihn anbieseln.“
Für Tafelmeier gehört es zur Wertschätzung seiner Arbeit, dass man sich an diese Regeln hält: „Man betritt ja auch keinen fremden Garten ohne Erlaubnis.“ Außerdem sei dieses Feld ein kleines Ökosystem mit Eidechsen, Blindschleichen und Vögeln, die nicht ständig gestört werden sollen.