Langenbach:Streit um Holzarbeiten in der Schonzeit

Bund Naturschutz kritisiert Baumfällungen im Isar-Auwald, die Staatsforsten begründen dies mit dem Kampf gegen den Borkenkäfer

Von Alexandra Vettori, Langenbach

Die Vogelbrut beginnt gerade, Nester werden bezogen oder erhalten den letzten Schliff, hie und da sitzen die Vogeleltern schon auf den Eiern. Im Isar-Auwald zwischen Niederhummel und Moosburg aber kann von Schonzeit keine Rede sein. Vergangene Woche haben Spaziergänger und der örtliche Bund Naturschutz (BN) Alarm geschlagen. Ein Harvester brach dort durch die Baumreihen - eine Holzerntemaschine, die gleichzeitig fällen, entasten, die Baumstämme auf gleiche Länge bringen und ganze Pakete davon transportieren und am Forstweg ablegen kann. Die Beschwerden drehten sich nicht nur um Schäden am Auwald durch das schwere Gerät, sondern es seien "sicher etliche Vogelbruten zerstört worden", beklagte BN-Kreisvorsitzender Wolfgang Willner.

Normalerweise gilt die Regel, dass nach dem 1. März Schluss ist mit Holzarbeiten im Wald. Andernfalls muss eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vorgenommen werden. "Leider scheren sich die Bayerischen Staatsforsten offenbar wenig darum. Auch wenn das Vorgehen nach bayerischer Lesart rechtlich möglich ist, macht man so was nicht," sagte Christine Margraf, Artenschutzreferentin des Bundes Naturschutz Bayern. Immerhin handele es sich bei dem fraglichen Waldstück um ein Naturschutzgebiet, ein Landschaftsschutzgebiet und ein europäisch bedeutsames Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. "Da kann man bei einer staatlichen Firma auf Staatsgrund verlangen, dass auf die Natur Rücksicht genommen wird. In unseren Augen ein Skandal", so Margraf.

Alfred Fuchs, Forstbetriebsleiter in Freising, der auch für das fragliche Stück Isar-Auwald zuständig ist, hält entgegen, die laufenden Arbeiten seien keine Fäll-, sondern Aufräumarbeiten, "reine Notwehr" und keinesfalls wirtschaftlichen Interessen geschuldet. Notwehr gegen den Borkenkäfer nämlich, der in wahrscheinlich großer Zahl in den von den jüngsten Stürmen gefällten Fichten schlummere. Zwei bis drei Wochen blieben die Larven dort, "dann schwärmen die Jungkäfer aus und befallen die stehenden Bäume in einem 500-Meter-Umkreis". Deshalb sei es so wichtig, die liegenden Stämme jetzt einzusammeln und abzutransportieren, gelagert werden sie dann auf Nasslagerplätzen. Dort beregnet man die Holzstämme permanent, damit sich die Käferbrut nicht entwickeln kann. Dass die Arbeiten die Vögel im Wald empfindlich stören, ist Alfred Fuchs klar. Doch er müsse abwägen. Wenn er die Arbeiten auf den Frühsommer verschoben hätte, störe das auch, und es müssten wegen des dann stärkeren Borkenkäferbefalls noch mehr Bäume gefällt werden.

Der Bund Naturschutz fordert derweil, die staatlichen Auwälder an der Mittleren Isar zwischen Freising und Moosburg aus der Nutzung zu nehmen. "Die Isarauen als große zusammenhängende Staatswälder eignen sich ideal als Naturwälder. Gerade in Verbindung mit den Renaturierungen an der Isar wäre das eine einmalige Chance auf Natur, die Natur sein kann", heißt es in einer Presseerklärung der Freisinger Kreisgruppe. Auch dieser Vorschlag ist laut Forstamtsleiter Alfred Fuchs nicht so einfach umzusetzen. Analog zum Nationalpark Bayerischer Wald müssten dann zum Beispiel 500 Meter breite Schutzstreifen an den Rändern geschaffen werden, in denen Borkenkäfer-Bäume sofort gefällt werden müssten, um ein Ausschwärmen in benachbarte Nutzwälder zu verhindern. In dem recht schmalen Auwald an der Isar könnte das unter Umständen schwierig werden, "da bleibt dann fast nichts mehr übrig", so Fuchs. Und in dem Naturwald, prophezeite er, "ist die Fichte in zwei bis drei Jahren großflächig verschwunden".

Beim Bund Naturschutz dagegen verweist man auf neue rechtliche Vorschriften für Naturwälder: In den Ergänzungen zum Volksbegehren Artenschutz wurde in das Waldgesetz aufgenommen, dass zehn Prozent der staatlichen Wälder aus der Nutzung zu nehmen sind. Der BN-Kreisvorsitzende Wolfgang Willner bittet deshalb: "Fangt endlich an, um das Artensterben zu stoppen!"

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