Landwirtschaftsschule:Zurück auf dem grünen Zweig

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Beim Neuzuschnitt der bayerischen Landwirtschaftsschulen wurde Erding im vergangenen Jahr als Zukunftsstandort ausgewählt. Nachdem 2020 trotzdem kein Studiengang zustande kam, liegen für diesen Herbst ausreichend Anmeldungen vor

Von Florian Tempel, Erding

"Das ist noch nicht die Zeitenwende", sagt Schulleiter Otto Roski, aber es ist ein guter Anfang. Für den nächsten Studiengang an der Landwirtschaftsschule Erding, der Mitte Oktober beginnen wird, liegen ihm 23 Anmeldungen vor. Zuletzt ist die sogenannte Winterschule, bei der sich junge Landwirte in drei Semestern fachlich weiterbilden, komplett ausgefallen - nicht wegen Corona, sondern wegen akuten Schülermangels. Und das, obwohl Erding beim Neuzuschnitt der Landwirtschaftsschulen als großer Gewinner hervorging. Erding wurde als Zukunftsstandort ausgewählt, während etwa die Landwirtschaftsschulen in Landshut, Fürstenfeldbruck und Töging zusperren müssen.

Roski hat die Sache zwar stets unaufgeregt gesehen. Dass es mal mehr, mal weniger Landwirtschaftsschüler gibt, sei schon immer so gewesen. "Es gibt Schwankungen und man sollte nicht zu viel hineininterpretieren." Allerdings ist auch Roski heilfroh, dass man zurück auf dem grünen Zweig ist. In den vergangenen zwei Jahren hatte sich die Lage sehr plötzlich und dramatisch zugespitzt.

Im Oktober 2019 war der bislang letzte Lehrgang schon abgesagt worden, weil entgegen den Anmeldungen doch nur zwölf Teilnehmer antreten wollten. Die Mindestzahl lag aber bei einer Klassenstärke von 16 Schülern. Nach eilig einberufenen Krisensitzungen ließ sich Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) doch noch zu einmaligen Ausnahmegenehmigungen für Erding und die Fürstenfeldbrucker Landwirtschaftsschulen erweichen, wo es ebenfalls nur ein Dutzend Schüler gab. Der Erdinger Ausnahmejahrgang ist über die drei Semester weiter geschrumpft. In einer Woche werden nur noch neun junge Landwirte zu den Abschlussprüfungen antreten, nach deren Bestehen sie die etwas sperrige Berufsbezeichnung "staatlich geprüfter Wirtschafter für Landbau" führen dürfen.

Ministerin Kaniber reagierte 2020 prompt und reduzierte die Zahl der Landwirtschaftsschulen bayernweit von zuvor 27 auf nur noch 20. Besonders stark wurde in Oberbayern zusammengestrichen, wo nur fünf von ehedem acht Landwirtschaftsschulen übrig blieben. Im Landkreis Altötting erkämpfte der dortige Landrat Erwin Schneider (CSU), selbst Landwirt, für seine Töginger Schule einen allerletzten Jahrgang, der gnadenhalber im Oktober 2020 beginnen durfte. Die stolze Zukunft aber gehört Erding, wo Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), ebenfalls Landwirt, die Landwirtschaftsschule während des ganzen Schlamassel für drei Millionen Euro ausbauen ließ. Als feststand, dass Erding weiter machen durfte, feierten das Kommunalpolitiker verschiedenster Couleur gemeinsam mit Vertretern des Bauernverbands vor der Landwirtschaftsschule mit einem großes Transparent, auf dem allen Ernstes stand: "Danke Frau Ministerin Kaniber." Landrat Bayerstorfer pries flankierend dazu die Vorzüge von Erding, das "verkehrstechnisch optimal gelegen" sei.

Der vergrößerte Einzugsbereich macht sich allerdings noch nicht so richtig bemerkbar. Von den 23 Anmeldungen, die Schulleiter Roski vorliegen, kommen zehn aus dem Landkreis Erding. Vier Anmeldungen kommen aus dem Landkreis Ebersberg, je drei aus den Landkreisen Freising und München. Alles wie früher. Dazu kommen je eine Anmeldung aus Mühldorf, Dachau und Starnberg. Potenziell gehören nun auch Fürstenfeldbruck, Landshut und Altötting zum Einzugsbereich. Roski weist zudem darauf hin, dass es schon früher Schüler aus entfernteren Landkreisen wie Dachau und Starnberg gab, weil Erding einen Ausbildungsschwerpunkt für Kartoffelanbau hat. Wie es langfristig wird, werde sich erst noch zeigen, sagt Roski.

Die Teilnehmer am Studiengang 2021 sind überwiegend junge Männer und um die 20 Jahre alt. Sie haben in der Regel im vergangenen oder vorvergangenen Jahr ihre Ausbildung zum Landwirt nach einem Berufsgrundschuljahr und zwei Praxisjahren, meist auf dem elterlichen Betrieb, abgeschlossen. Die Weiterbildung an der Landwirtschaftsschule wird für die meisten nur ein Zwischenschritt sein, sagt Roski. Ein Teil der Lehrgangsprüfungen gilt bereits für die Meisterprüfung, für die später vor allem noch eine Abschlussarbeit verfasst werden muss. Und einige Absolventen werden eine Höhere Landbauschule besuchen, um dort einen Abschluss zum Agrarbetriebswirt zu machen.

© SZ vom 26.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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