Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl in Erding:Am Scheideweg

Lesezeit: 2 min

Die Grünen-Landtagskandidatin Helga Stieglmeier denkt offen über den Rückzug aus der Politik nach. Sprecherin des Aktionsbündnisses Aufgemuckt will sie aber bleiben - trotz beleidigender E-Mails

Josef Sallerund Petra Schnirch

Der Wahlsonntag könnte ein Wendepunkt im politischen Leben von Helga Stieglmeier gewesen sein. In den vergangen Monaten hat die Landtagsdirektkandidatin der Grünen das private dem politischen Leben untergeordnet und intensiv Wahlkampf betrieben. Das erhoffte Ergebnis blieb aus: Sie erreichte nur 9,75 Prozent der Stimmen. Ob sie sich wie bisher weiter bei den Grünen engagieren wird, ist fraglich geworden. Beim Aktionsbündnis "Aufgemuckt" will sie jedoch definitiv weitermachen - trotz einiger beleidigender E-Mails von Startbahnbefürwortern.

Das Privatleben musste hinten anstehen

Helga Stieglmeier hat auch am Tag nach der Landtagswahl noch schwer zu knabbern an ihrem Ergebnis, das merkt man ihr schon an der Stimme an. "Das habe ich noch nicht verdaut und das werde ich auch nicht so schnell." Es sei ihr schleierhaft, wie dieses Ergebnis zustande kommen konnte. Gemessen am enormen Aufwand, den sie betrieben hat, fühlen sich die 9,75 Prozent für Stieglmeier wie eine einzige große Niederlage an. "Wenn sich Einsatz so gar nicht auszahlt, muss man überlegen, ob es die Opfer, die man bringt, wert ist." Vor allem in den vergangenen beiden Jahren musste sich ihr Privatleben häufig hinten anstellen, da der langwierige Wahlkampf den Großteil der Kräfte aufgesogen habe. Am Montag habe sie sogar E-Mails erhalten, in denen sie sich von Startbahnbefürwortern Beschimpfungen gefallen lassen musste. Stieglmeier klingt angeschlagen und ausgelaugt.

Günther Kuhn, Fraktionssprecher der Grünen im Erdinger Stadtrat, ist ebenso enttäuscht - im Vergleich zur Landtagskandidatin wirkt er jedoch gefasst. Das schlechte Abschneiden kann auch er sich nicht erklären, "an mangelnden Einsatz im Wahlkampf kann es jedenfalls nicht gelegen haben." In der aktuellen Situation bleibe allerdings nichts anderes übrig, als bis zur kommenden Bundestagswahl weiterzuarbeiten: "Das wird allerdings nicht leicht werden." Personelle Konsequenzen erwartet der Fraktionssprecher im Kreisvorstand allerdings nicht - auch nicht von Helga Stieglmeier.

Die 57-jährige Tanztherapeutin wollte sich dieser Meinung aber nicht anschließen: "Im Moment sehe ich einfach keine Motivation, wie bisher weiterzumachen", sagte Stieglmeier. Besonders frustrierend sind für sie, die sich seit vielen Jahren als Sprecherin beim Aktionsbündnis Aufgemuckt gegen die dritte Start- und Landebahn am Münchner Flughafen einsetzt, die Ergebnisse in einigen Gemeinden, die von einem Flughafenausbau besonders betroffen wären: In Oberding und Fraunberg blieb sie nochmals deutlich unter dem Gesamtergebnis im Landkreis. "Vielleicht wollen die Leute dort ja doch eine dritte Startbahn." Anders könne sie sich den Wahlausgang in diesen Kommunen nicht erklären.

Magerl ist nicht wirklich zufrieden

Als Sprecherin von Aufgemuckt wolle sie allerdings nicht aufhören. "Am Ergebnis in Freising sieht man immerhin, dass die dritte Startbahn schon noch ein Thema ist." Der dortige Landtagskandidat der Grünen, Christian Magerl, der im Wahlkampf ebenfalls offensiv gegen die dritte Startbahn gekämpft hatte, konnte mehr als 25 Prozent der Stimmen gewinnen - wieder einmal das beste Ergebnis seiner Partei im gesamten Freistaat. Wirklich zufrieden ist Magerl dennoch nicht. "Ich hätte mir mehr erwartet ", gibt er unumwunden zu.

Im Vergleich zur Landtagswahl 2008 wollte er noch einmal deutlich zulegen. Die Startbahngegner beim Bündnis Aufgemuckt hatten sogar gehofft, dass Magerl den Stimmkreis diesmal für sich entscheiden würde, wie dessen Sprecher Hartmut Binner sagt. Das ist Magerl nicht gelungen - wie schon 2008 setzte sich der CSU-Bewerber Florian Herrmann durch. Dennoch wurde auch die Landtagswahl 2013 in Freising, in Marzling oder Kranzberg wieder zum einem klaren Votum gegen die Ausbaupläne der Staatsregierung am Flughafen: 40,73 Prozent der Stimmen erhielt Magerl in Freising, im benachbarten Marzling waren es 40,34 - dort ließ Magerl CSU-Mann Herrmann jeweils hinter sich. Im Vergleich zu 2008 konnte der Grünen-Abgeordnete bei der Gesamtzahl der Stimmen sogar leichte Zuwächse verzeichnen. Nun sei es auch Aufgabe von Aufgemuckt, dass der Protest aus Freising auch in andere Regionen hinüberschwappt, sagt Hartmut Binner.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1772600
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.09.2013
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.