Süddeutsche Zeitung

Landshut:"Das wird langsam zur Farce"

Zeuge kommt auch am vierten Verhandlungstag einfach nicht

Vier Mal ist der Somalier schon vor das Landgericht Landshut als Zeuge vorgeladen worden. Und vier Mal ist er unentschuldigt nicht gekommen. Dabei ist er sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für die Verteidigung ein wichtiger Zeuge: Er soll laut Anklageschrift und der Aussage weiterer Zeugen, darunter ein Polizeibeamter, das Opfer einer Würgeattacke in einer Erdinger Asylbewerberunterkunft sein. Dafür müssen sich seit Anfang Mai zwei Asylbewerber aus Afghanistan wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung am Landgericht verantworten.

Noch am dritten Verhandlungstag am 24. Mai, der eigentlich auch der letzte sein hätte sollen, war völlig unbekannt, wo sich der Somalier aufhält. Diverse Besuche von Polizeibeamten der Dorfener Inspektion in seiner Flüchtlingsunterkunft blieben ergebnislos. Weder sein offizieller Betreuer noch das Asylmanagement kannten seinen aktuellen Aufenthaltsort. Vorsitzender Richter Markus Kring mutmaßte schon, dass der Zeuge untergetaucht sei.

Doch dem ist nicht so. Laut Mitteilung der Dorfener Polizei habe man den Somalier am 28. Mai in seiner Unterkunft aufgefunden. Als Entschuldigung für sein Fehlen habe er angegeben, die Vorladungen nicht bekommen zu haben. Er habe sich "an zum Teil unbekannten Orten" bei Freunden in München aufgehalten. Die Polizei habe ihn nun von der Vorladung am 5. Juni am Landgericht Landshut mündlich in Kenntnis gesetzt und dass er sich um keine Fahrt dort hin kümmern müsse, die Polizei werde ihn an dem Tag zum Gericht fahren, da eh ein Vorladungsbefehl vorliege. Daraufhin habe er sich laut Polizei dafür bedankt.

Doch seitdem ist der Somalier wieder nicht auffindbar. Für Richter Kring entwickelt sich die Verhandlung "zur Farce". Mit seinem Bedanken habe er wohl die Beamten verhöhnen wollen. Sein Verhalten lasse nur den Schluss zu, dass er sich bewusst einer Befragung entziehen will. Der letzte Versuch wird jetzt am 25. Juni unternommen. In Abwesenheit wurde gegen ihn wegen des unentschuldigten Fehlens 300 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise drei Tage Haft, angeordnet.

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Quelle:
SZ vom 06.06.2019 / wil
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