Landkreis:Gefahr für Bäche und Flüsse

Landkreis: Aus dieser Biogasanlage flossen 2010 etwa 1000 Kubikmeter Gärflüssigkeit in einen Graben und von dort aus in den Kallinger Bach und die Vils.

Aus dieser Biogasanlage flossen 2010 etwa 1000 Kubikmeter Gärflüssigkeit in einen Graben und von dort aus in den Kallinger Bach und die Vils.

(Foto: Peter Bauersachs)

Bayernweit gab es zwischen 2004 und 2013 mehr als 650 Gewässerverunreinigungen durch Biogasanlagen. Auch im Landkreis Erding hat es seit den zwei Fischsterben 2010 in der Isen und der Vils vier weitere Fälle gegeben

Von Thomas Daller, Landkreis

Immer wieder registrieren Wasserwirtschaftsämter Gewässerverunreinigungen durch Biogasanlagen. Das ganze Ausmaß ergibt sich aus der schriftlichen Anfrage eines Landtagsabgeordneten, die das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vor kurzem beantwortet hat. Demnach haben die Landratsämter zwischen 2004 und 2013 bayernweit 657 Gewässerverunreinigungen durch Biogasanlagen festgestellt. Auch der Landkreis Erding ist davon nicht verschont geblieben: 2010 gab es kurz nacheinander zwei massive Verunreinigungen, seither sind vier weitere Fälle bekannt geworden. Diese bislang letzten vier Fälle stuft das Landratsamt Erding allerdings nicht als schwerwiegend ein.

Die bislang schlimmsten Fälle, die im Landkreis an die Öffentlichkeit gelangt sind, trugen sich beide im Jahr 2010 zu. In Unterkorb bei Dorfen hatte ein Landwirt Gärflüssigkeit nicht ordnungsgemäß in einer Sandgrube entsorgt und dann weitere flüssige Gärmasse von einem Tank zum anderen umgepumpt. Dabei lief ein vorgeschalteter kleinerer Behälter über - bis zu 1000 Kubikmeter dieser Kloake flossen dabei hangabwärts in einen kleinen namenslosen Bach und von dort weiter in den Kallinger Bach und schließlich in die Große Vils. Die Gärmasse verursachte in der kontaminierten Gewässerstrecke nicht nur ein Fischsterben, sondern auch die gesamte Kleintierbiologie wurde vernichtet. Ein anderer massiver Biogasanlagenunfall hatte sich erst acht Wochen zuvor in Nicklhub, ebenfalls auf Dorfener Gemeindegebiet, ereignet. Dabei wurden der Rinninger Bach und die Isen mit einem übelriechenden Öl-Fett-Gemisch verseucht. Auch hier kam es zu einem Fischsterben. Der Betreiber der Biogasanlage, die 2010 die Isen verseuchte, wurde 2012 wegen Fahrlässigkeit zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er war bereits 2007, 2008 und 2009 wegen ähnlicher Delikte zu Geldstrafen verurteilt worden.

Solche Vorfälle gibt es weiterhin. Wie groß die Dunkelziffer ist, kann das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz nicht abschätzen: "Es kann nur angenommen werden, dass Verunreinigungen von Oberflächengewässern eher erkannt werden als Verunreinigungen des Grundwasser", heißt es in der Antwort auf die Landtagsanfrage.

Von den 657 Gewässerverunreinigungen durch die 2330 Biogasanlagen, die zwischen 2004 und 2013 bayernweit registriert wurden, gehen laut Staatsministerium 311 Fälle auf bauliche Mängel zurück, 244 auf betriebliche Mängel und 102 auf technische Defekte. Im Landkreis Erding, wo es 78 Biogasanlagen gibt, hat es seit diesen großen Fällen im Jahr 2010 vier weitere Gewässerverunreinigungen durch Biogasanlagen gegeben. "Hierbei handelte es sich um einen Betriebsunfall im Jahr 2012, einen Schaden, der durch einen Baumangel verursacht wurde, im Jahr 2013 und zwei technische Unfälle im Jahr 2011", teilte das Landratsamt Erding auf Anfrage mit: "Bei allen Fällen handelte es sich nicht um schwere Gewässerverunreinigungen."

Das Landratsamt relativiert diese Angaben durch Vergleichszahlen: "Von 2010 bis heute gab es im Landkreis Erding 28 Fälle von Boden- und Gewässerverunreinigungen, plus die sechs Fälle durch Biogasanlagen. Von den 28 Unfällen waren 9 durch Gülle verursacht worden, die übrigen unter anderem durch Öl, Säuren oder Abwässer." Vor allem die Gewässerverunreinigungen durch Gülle, sagte Landratsamt-Pressesprecherin Christina Center, seien gravierender gewesen als die durch Biogasanlagen.

Die Staatsregierung hat im Dezember 2012 zusätzliche Regelungen für Biogasanlagen erlassen, die die Betriebssicherheit und Vorsorge von Biogasanlagen ergänzen sollen. Dazu zählen zum Beispiel Überfüllsicherungen und die Umwallung der Anlagen.

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