Süddeutsche Zeitung

Landkreis Erding:Mehr Schutz für das Trinkwasser

Wenn Klärschlamm künftig nicht mehr zum Düngen der Äcker verwendet werden darf, werden sich die Gemeinden im östlichen Teil des Landkreises auf erhebliche Kosten einstellen müssen.

Von Thomas Daller

CDU/CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag auf ein Verbot verständigt: Klärschlamm soll künftig nicht mehr zum Düngen der Äcker verwendet, sondern getrocknet und verbrannt werden. Was im Koalitionsvertrag steht, ist noch kein Gesetz. Doch wenn dieses Verbot umgesetzt wird, werden sich die Gemeinden im östlichen Teil des Landkreises auf erhebliche Kosten einstellen müssen: Dann werden Anlagen benötigt, um den Schlamm zu entwässern und es kommen weitere laufende Kosten für den Transport und die Verbrennung hinzu. Das wird den Abwasserpreis in die Höhe treiben.

Klärschlamm nicht mehr zum Düngen

Was im Klo runtergespült wird, ist zwar reich an Phosphor und wird daher in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt. Aber in menschlichen Ausscheidungen sind auch Stoffe wie Quecksilber enthalten, Medikamentenrückstände oder synthetische Östrogene aus der Antibabypille. Zum Schutz der Böden und des Trinkwassers soll künftig der Klärschlamm, der in den Kläranlagen anfällt, nicht mehr zum Düngen verwendet werden.

Der Abwasserzweckverband Erdinger Moos (AZV) hat bereits vor fünf, sechs Jahren komplett auf die thermische Verwertung umgestellt und eine Klärschlamm-Entwässerungsanlage gebaut. Noch besser wäre zwar eine Klärschlamm-Trocknungsanlage, aber das ist selbst bei einem Betrieb dieser Größe noch unwirtschaftlich, sagte der Technische Leiter des AZV, Michael Wrobel. Etwa die Hälfte der 8000 bis 10 000 Tonnen Klärschlamm, die jährlich beim AZV anfallen, werden in ein Kohlekraftwerk gebracht, wo sie verbrannt werden. Die andere Hälfte wird in eine Monoklärschlamm-Verbrennungsanlage ins Allgäu gebracht und dort ebenfalls verbrannt. Der AZV könnte zwar seinen Klärschlamm auch als landwirtschaftlichen Dünger abgeben, weil dessen Belastung mit Schadstoffen unterhalb der Grenzwerte liegt. Aber wenn bei einem Feuerwehreinsatz Löschschaum über die Gullis ins Abwasser fließen sollte, wäre das nicht mehr der Fall, weil dann perfluorierte Tenside in den Klärschlamm gelangen, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein.

Tanklastzüge mit 97 Prozent Wasser

Um auf der sicheren Seite zu sein, wird daher der gesamte Klärschlamm des AZV verbrannt. Eine vorbildliche ökologische Lösung ist das aber auch nicht, moniert der Technische Leiter Wrobel. Denn insbesondere die Kohlkraftwerke seien Dreckschleudern und trotz der Filter gelange ein Teil des Quecksilbers in die Luft. Nun deckt der AZV aber nur den Westen des Landkreises, den Flughafen und die gemeinden Forstinning, Hohenlinden und Markt Schwaben im Landkreis Ebersberg ab. Im östlichen Landkreis befinden sich hingegen viele kleine Gemeindekläranlagen und die Bürgermeister werden sich etwas einfallen lassen müssen, wenn dieses Verbot in Kraft tritt. Überlegungen dazu gibt es bereits: Das "Ostbündnis", ein Verbund von 13 Gemeinden des östlichen Landkreises Erding und des westlichen Landkreises Mühldorf, hat sich bereits mit dem Abwasserzweckverband Erdinger Moos in Verbindung gesetzt und zusammen hat man eine Studie in Auftrag gegeben, wie man auf so ein Verbot reagieren könnte. Dieser Studie zufolge könnte der Klärschlamm aus dem Kläranlagen des östlichen Landkreises zur Anlage des AZV gefahren werden. Dort könnte er entwässert werden und dann ebenfalls in die Verbrennungsanlagen transportiert werden.

Die Anlage des AZV hätte noch genügend Kapazitäten, um diesen Schlamm mit zu entwässern. Das würde jedoch dazu führen, dass Tanklastzüge zu 96 bis 97 Prozent Wasser durch den Landkreis fahren müssten. Denn so hoch ist der Wasseranteil des Klärschlamms, auch wenn die Bezeichnung "Schlamm" eine andere Konsistenz vermuten ließe. Aber Trocknungsanlagen sind für kleine Gemeindekläranlagen nicht wirtschaftlich zu betreiben, nicht einmal der AZV spielt ernsthaft mit dem Gedanken: "Das ist nur für Betriebe sinnvoll, die etwa 15 Mal so groß sind wie wir", sagte Michael Wrobel.

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Quelle:
SZ vom 23.01.2014
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