Nachwuchsförderung :Feuer und Flamme für die Kinderfeuerwehren

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Die "Feuerfunken" der Feuerwehr Lengdorf lernen bei einer Simulation, wo es in einem Haus brandgefährlich werden kann. Thomas Baumgartner bespricht hier die Situation in einer Küche mit einer brennenden Pfanne auf dem Herd. (Foto: Renate Schmidt)

In den Landkreisen Freising und Erding wächst die Zahl der Kindergruppen stetig. Ziel ist es, die Jüngsten früh für die Feuerwehr zu begeistern und den Nachwuchs langfristig zu sichern. Die Nachfrage ist so groß, dass Betreuer und Betreuerinnen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Gleichzeitig gibt es einige Hürden zu überwinden.

Von Jasmin Schol

Junge Menschen für die Feuerwehr zu motivieren, ist nicht mehr so einfach wie früher. Zugänge fehlen, die Zahlen der Jugendfeuerwehr stagnieren laut dem Freisinger Kreisbrandinspektor und Kreisjugendleiter Roman Bittrich. Daher suchen die lokalen Feuerwehren unermüdlich Wege, um den Nachwuchs schon frühzeitig zu fördern und werden fündig – in den neuen Kinderfeuerwehren. Diese sind, auch im Nachbarlandkreis Erding, ein voller Erfolg, einigen Skeptikern, starker Konkurrenz und großem Aufwand zum Trotz.

Laut Statistik des Landesfeuerwehrverbandes Bayern gibt es aktuell 1444 Kinderfeuerwehren in Bayern, 597 mehr als 2020. Die Zahl der Kinder hat sich seitdem verdoppelt. Diese Entwicklung ist auch in den Landkreisen Erding und Freising deutlich sichtbar. Wenngleich im Kreis Freising die erste Kinderfeuerwehr erst 2023 in Pfrombach-Aich gegründet wurde, folgten binnen eines Jahres die „Feuer-Kids“ in Marzling und Anfang 2024 die Kinderfeuerwehr Lauterbach-Bachenhausen. Die Nächste für Allershausen ist bereits in Planung. Im Landkreis Erding wurde mit den „Schlauchpiraten“ in Neuching bereits 2017 gestartet. Als neueste Kinderfeuerwehr im Landkreis wurden 2022 die „Taufkirchener Feuerdrachen“ gegründet und die größte Gruppe bildet mit 36 Kindern die „Feuerfunken“ in Lengdorf.

In der Regel treffen sich die Kinderfeuerwehren für Sechs- bis Elfjährige einmal im Monat. Der Bedarf ist auf jeden Fall da, sagt Kreisjugendleiter Bittrich. Er ist seit 2015 im Amt und prophezeit, dass die meisten Feuerwehren in den nächsten Jahren realisieren werden, dass es ein Nachwuchsproblem gibt. Für ihn sind die Kindergruppen daher ein „weiterer Mosaikstein für den Nachwuchsgewinn“. Aktuell machen im Landkreis Freising 80 Kinder und 14 Betreuer mit. Bittrich erwartet noch mehr Gründungen in weiteren Gemeinden.

Von Anfang an erfahren die Kinderfeuerwehren großen Zuspruch und Zulauf

Dieser „Boom“ kommt nicht von ungefähr. Der Kreisfeuerwehrverband Freising habe die Feuerwehren gezielt dazu aufgefordert, sich Gedanken über die Planung einer Kinderfeuerwehr zu machen, erklärt Bittrich. Das letzte Zünglein an der Waage war oft die Hartnäckigkeit der Kinder selbst. Der stellvertretende Gruppenleiter Thomas Sellmeir erzählt über die Gründung der Marzlinger Feuer-Kids: „Die Idee kam eigentlich von zwei Kindern, die sich das unbedingt gewünscht haben.“ Auch den Impuls für die Kinderfeuerwehr Pfrombach-Aich gab der älteste Sohn von Bettina Mech, die die Gruppe heute betreut: „Warum macht ihr eigentlich nichts für die Kids?“ Gesagt, getan.

Von Beginn an war das Interesse an den Kinderfeuerwehren in beiden Landkreisen groß. Werbung ist laut Schlauchpiraten-Gründer Andreas Krznar nicht nötig. Die Verbreitung laufe über Mund-zu-Mund-Propaganda in den Schulen. Am ersten Infotag für die Neugründung in Neuching hätten die Interessierten „Schlange gestanden“, erinnert sich Krznar.

„Sowohl aus der Öffentlichkeit als auch aus dem Verein gab es von Beginn an nur Zuspruch“, äußert sich Marcus Schulze ebenso positiv, der die 17 Taufkirchener Feuerdrachen anleitet. Lange Wartelisten sind keine Seltenheit, in Lengdorf warten 21 Kinder auf einen Platz. „Das Angebot kommt total gut an“, sagt Leiterin Melanie Hartmann begeistert. Besonders hebt sie den hohen Anteil an Mädchen in ihrer Gruppe hervor.

Aufgrund der hohen Nachfrage werden in der Regel Kindern aus den eigenen Gemeinden priorisiert. Eine Ausnahme bildet die Kinderfeuerwehr Lauterbach-Bachenhausen, die laut Gründerin Alexandra Schönberger als einzige Gruppe im Umkreis „gemeindeübergreifend“ fungiert.

Teamarbeit und spielerisches Lernen stehen im Vordergrund

Kinderfeuerwehren bieten eine willkommene Chance, Nachwuchs früh für die Feuerwehr zu begeistern, damit dieser später mit 18 Jahren in der aktiven Feuerwehr mitmacht. Das funktioniere am besten über Gruppen, erklärt Andreas Krznar. Kinder würden mit zwölf eher in die Jugendfeuerwehr wechseln, wenn ihre Freunde es auch täten. „Der Teamgedanke steht ganz vorn.“ „Spielerisches Lernen und Teambuilding sind ganz wichtige Komponenten“, betont auch Thomas Sellmeir. Die Mädchen und Jungen lernten dabei nicht nur Feuerwehr-Basiswissen, sondern auch, dass sie die Aufgaben nur zusammen bewältigen können.

Die Kinder lernen, dass sie Aufgaben nur zusammen bewältigen können. So etwa auch, wenn sie einen Erwachsenen in die stabile Seitenlage bringen müssen. (Foto: Renate Schmidt)

Aus den Übungen nehmen die Kinder mit viel Spaß „was fürs echte Leben“ mit, freut sich Andreas Krznar, zum Beispiel wie man den Notruf absetzt. Da die technischen Geräte tabu sind, greifen die Betreuer in Neuching auf kreative Methoden zurück, wie eine Hauswandattrappe zum „Löschen“ von Papp-Flammen und eine Schnitzeljagd mit Funkgeräten. In Lengdorf war vor zwei Wochen ein Krankenwagen vom Bayerischen Roten Kreuz vor Ort, um Erste-Hilfe-Grundlagen zu wiederholen. Die Kinder erfahren außerdem, wie sich der Rauch bei einem Brand im Haus verteilt oder wie man ein Insektenhotel baut. Ähnliche Aktionen finden in allen Kinderfeuerwehren statt.

Und die Treffen bereiten nicht nur den Jüngsten große Freude. Auch die Betreuer selbst seien mit Feuereifer bei der Sache, versichert Thomas Sellmeir. Für sie sei es schön zu sehen, wie die Kinder zusammenwachsen. Der Großteil von ihnen ist selbst in der Feuerwehr aktiv, wie Melanie Hartmann. Sie betreut die Kinder in Lengdorf zusammen mit Kim Sperl, beide sind hauptberuflich als Erzieherinnen tätig. Die Leitung der Kinderfeuerwehr zu übernehmen, habe daher „einfach gut gepasst“. In Lauterbach-Bachenhausen, so Alexandra Schönberger, unterstützen neben Internen vor allem viele engagierte Eltern die Gruppen.

Grundsätzlich ist die Erfolgsquote der Kinderfeuerwehren hoch

Anders als die Betreuer, kommen die meisten Kinder in allen Gruppen aus Familien, die bisher keine Berührungspunkte mit der Feuerwehr hatten. Hartmann wertet es als Erfolg, dass so „Feuerwehr-Externe“ erreicht werden. Kinderfeuerwehren als Nachwuchsförderung scheint also Erfolg versprechend zu sein.

Belegen das auch die Zahlen? Wenngleich es im Landkreis Freising im vergangenen Jahr nach Aussage von Roman Bittrich 50 bis 70 Übergänge aus der Jugendfeuerwehr in die aktive Feuerwehr gegeben hat, kann er bisher keine konkrete Angabe zu den neuen Kinderfeuerwehren machen. Allerdings seien Erfahrungswerte aus anderen Landkreisen vielversprechend. „Ich bin davon überzeugt, dass viele Kinder in die Jugendfeuerwehr übergehen werden“, so Bittrich.

Seine Zuversicht findet in den Berichten der lokalen Kindergruppen größtenteils Bestätigung: Bettina Mech erzählt stolz, dass einer ihrer aktuell 35 Schützlinge nach einjährigem Bestehen der Kinderfeuerwehr Pfrombach-Aich in die Jugendfeuerwehr übergetreten ist. Ebenso berichtet Marcus Schulze: „Seit der Gründung gab es lediglich zwei Abgänge, ansonsten nur Zuwächse und bereits erste Übergaben an die Jugendfeuerwehr.“ Im Oktober wechseln auch die ersten vier zwölfjährigen Feuer-Kids in die Jugendfeuerwehr, eine Besonderheit in der Gemeinde. Denn eigentlich darf man das in Marzling erst mit 14 Jahren.

Doch nicht überall zeigt sich eine hohe Übergangsquote: Trotz des großen Andrangs in Neuching ist „der Erfolg nicht wie erwünscht“, sagt Andreas Krznar. Er betont, dass dies ausdrücklich nicht am Einsatz der Aktiven, sondern vor allem an den Coronajahren gelegen habe. Außerdem werde für Kinder im Alter von zwölf Jahren die Schule intensiv. Er ergänzt: „Neuching ist einer kleiner Ort, da konkurrieren wir mit Fußball-, Schützen- und anderen Sportvereinen. Priorität ist dann oft nicht die Feuerwehr.“ Das Problem ist allgemein bekannt. Auch Bettina Mech erklärt: „Wenn die Kinder mit zwölf alt genug für die Jugendfeuerwehr sind, sind die meisten schon in andere Vereine integriert. Dem möchten wir zuvorkommen.“

Die Kinder sechs Jahre lang zu unterhalten, fordert die Betreuer heraus

Gleichzeitig scheint die Zeit bis zum Eintritt in die Jugendfeuerwehr zu lang zu sein. Melanie Hartmann räumt ein: Es sei natürlich nicht leicht, Kinder jahrelang lang zu bespaßen, bis sie sich mit zwölf Jahren an den großen Geräten austoben dürften. „Irgendwann gehen einem die Ideen aus.“ Dieser Kritik ist sich auch Kreisjugendleiter Bittrich bewusst. „Fingerspitzengefühl“ sei hier gefragt. In Neuching haben Krznar und sein Team ihre Schlüsse aus dieser Entwicklung gezogen. Sie überlegen, neue Kinder nur noch ab zehn Jahren aufzunehmen, um die Zeitspanne bis zur Jugendfeuerwehr zu verkürzen. Es sei wichtiger „die aktiven Feuerwehrdienstleistenden nicht zu verheizen“.

Um den Nachwuchs bei der Kinderfeuerwehr all die Jahre bei Laune zu halten, müssen sich die Betreuerinnen und Betreuer einiges einfallen lassen. (Foto: Renate Schmidt)

Wenngleich der Feuerwehrverein in Neuching von Anfang an hinter dem Projekt stand, habe es von außen, etwa aus der lokalen Politik, abwertende Kommentare gegeben, erzählt Andreas Krznar sichtlich frustriert: „Die haben den Sinn einfach nicht verstanden.“ Nach ähnlichen Problemen in Marzling gefragt, lacht Thomas Sellmeir. Ja, vor der Gründung sei an einem Infoabend ordentlich diskutiert worden, ob man das aufwendige Angebot stemmen könne. Schnell sei aber klar gewesen, dass man es versuchen wolle. Auch Melanie Hartmann hat bei der Neugründung der Kindergruppe eine gewisse Skepsis aus Reihen der aktiven Feuerwehr wahrgenommen. Diese sei mittlerweile aber komplett verflogen.

„Wir als Landkreis stehen voll hinter den Kinderfeuerwehren“, betont Bittrich. Aber er versteht, wenn es insbesondere in kleineren Feuerwehren mit weniger Personal und Ressourcen nicht funktioniert: „Dort kann es eher einen Nachteil als eine Förderung bedeuten.“ Am Ende zeigt sich der Kreisjugendleiter in Freising jedoch experimentierfreudig. Er möchte den Feuerwehren Mut machen, es „einfach mal zu wagen – wenn es nicht klappt, ist man immer noch um eine Erfahrung reicher“. Und nicht nur aus Marzling hört man schließlich Sätze wie: „Wir haben die Entscheidung überhaupt nicht bereut.“

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