Landkreis Erding:Baulandpreise explodieren

Bodenrichtwertliste

Ähnlich wie für Mieten der Mietspiegel eine Richtschnur ist, gibt es die "Bodenrichtwertliste" für Baugrundstücke und Ackerflächen. Alle zwei Jahre werden dafür von einem Gutachterausschuss im Landratsamt Anhaltswerte für die Kosten von Grundstücken ermittelt. Die Preise für baureifes Bauland werden aus den im Landkreis abgeschlossenen notariellen Kaufverträgen errechnet, sowie mittels Kauf-, Tausch- und Erbbaurechtsurkunden über Immobilien bis hin zu Beschlüssen über Zwangsversteigerungen ermittelt. Die Bodenrichtwerte sind ein wichtiger Anhaltspunkt für Immobilienhändler, Kauf- und Verkaufwillige sowie Sachverständige. Die Gutachterausschüsse betonen stets, dass die ermittelten Werte nur einen begrenzten Aussagewert für den tatsächlichen Verkehrswert eines Grundstücks haben, da der Bodenrichtwert nur der Durchschnitt aus einer Vielzahl von Grundstücksverkäufen ist. Unterschiede machen dabei die Größe, der Zuschnitt, die Bodenbeschaffenheit oder der Erschließungszustand aus. Zu- und Abschläge vom Bodenrichtwert unter Berücksichtigung der Eigenschaften eines Grundstücks können in der Realität deshalb erheblich sein. wil

Steigerungen von 50 bis weit über 100 Prozent seit 2010 sind im Landkreis keine Seltenheit, wie ein Vergleich der Bodenrichtwertlisten zeigt. "Die Situation auf dem Markt ist verrückt", sagen Immobilienmakler

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Niedrige Bauzinsen einerseits und null Zinsen für Geld, das man auf der Bank hat, verleiten viele, über Wohneigentum nachzudenken. Wer dies in Erding tun will, der sollte freilich schon fast Millionär sein oder im Lotto gewonnen haben, denn die Grundstückspreise sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Für ein durchschnittlich großes Baugrundstück mit 500 Quadratmeter Größe für ein kleines Einfamilienhaus müssen in der Stadt Erding etwa 500 000 Euro gezahlt werden - in der Stadtmitte sind es mehr als 750 000 Euro. Das zeigen die Zahlen der neuen offiziellen Bodenrichtwertliste für Baugrundstücke und Ackerflächen, die alle zwei Jahre herausgegeben werden. Aber auch diese Preise dürften überholt sein, da sie auf Basis der Daten von 2015 und 2016 erstellt wurden.

Wer auf den einschlägigen Immobilienseiten im Internet nach Baugrundstücken im Landkreis sucht, wird kaum fündig. Baugrundstücke sind Mangelware. "Über aktuelle Marktpreise können wir nicht reden", sagt Oliver Griesenbrock von der Dorfener Immobilienfirma Sperr und Zellner. "Nicht weil wir es nicht wollen, sondern weil keine Baugrundstücke in Erding auf dem Markt sind."

Dazu kommt viel Geld, das auf den Markt drängt, da Grundstücke in der Region eine deutlich größere Rendite abwerfen als Geld, das man bei der Bank anlegt. Dass es deswegen aber demnächst zu einer Immobilienblase kommt, erwarten nur wenige Experten für den Großraum München. Dementsprechend sind die Baulandpreise in den vergangenen Jahr in die Höhe geschossen. Und das nicht nur in der Großen Kreisstadt.

Die Bodenrichtwertliste von Ende 2010 listet zum Beispiel für Eitting einen Grundstückspreis von 180 Euro auf, für Bockhorn 230 und für Dorfen "Am Brühl" 225 Euro. In Fraunberg waren damals 170 Euro für den Quadratmeter durchschnittlich zu bezahlen. In Erding Mitte mussten bei einer erlaubten Geschossflächenzahl von 0,5 damals 535 Euro berappt werden. Im Durchschnitt der vergangenen zwei Jahre sind folgende Preise erzielt worden: In Eitting 320, Bockhorn 320, Dorfen 430 Euro. In Fraunberg 270 und in Erding Mitte zwischen 1200 und 1500 Euro - je nach Geschossflächenzahl.

Egal wohin man im Landkreis sieht: Die Preise für Baugrundstücke steigen von Jahr zu Jahr. Drei Beispiele zeigen dies in der Zeit von 2009/10 bis zur jüngsten Erfassung: In Taufkirchen stieg der Quadratmeterpreis von 165 auf 220 Euro im Durchschnitt 2013/14 auf 310 Euro 2015/16 an. In St. Wolfgang von 180 über 230 auf 270 Euro und in Oberding von 280 über 440 auf 650 Euro je Quadratmeter. Preissteigerungen von 50 bis weit über 100 Prozent sind keine Ausnahme.

"Die Situation auf dem Markt ist verrückt", sagt Georg Linderer von VID Immobilien. "Es wird jeder Preis bezahlt. Das Geld drängt auf den Markt, denn Grundstücke gelten derzeit als sicherste Rendite, wenn es schon sonst keine Zinsen gibt. Wenn in Erding ein Grundstück überhaupt auf den Markt kommt, sind mindestens 1000 Euro zu bezahlen. Egal wo es in der Stadt ist."

Auch landwirtschaftliche Flächen sind begehrt. Laut den offiziellen Richtwerten brachte ein Quadratmeter zum Beispiel in Moosinning 2013/14 durchschnittlich 7,65 Euro, zwei Jahre später aber schon 8,80 Euro. In Langenpreising sei der Preis von 4,50 auf 7,85 gestiegen und in Steinkirchen habe er sich von sechs auf zwölf Euro je Quadratmeter verdoppelt.

Den Baudruck spüren aber nicht nur die Große Kreisstadt Erding und Mittelzentren wie Dorfen, Taufkirchen oder Wartenberg. In der Gemeinde Fraunberg wird derzeit das Baugebiet an der Bachhamer Straße am Ortsrand erschlossen. Um die 18 Parzellen bewarben sich 107 Interessenten, 50 davon sind Einheimische die seit mindestens fünf Jahren in der Gemeinde leben, wie es auf der Homepage der Gemeinde heißt.

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