Landgericht Landshut:Strafnachlass für Vergewaltiger

Landgericht Landshut: Das Landshuter Landgericht: Ohne das Geständnis wäre die Ahndung "weitaus höher ausgefallen", sagte der Vorsitzende Richter Ralph Reiter.

Das Landshuter Landgericht: Ohne das Geständnis wäre die Ahndung "weitaus höher ausgefallen", sagte der Vorsitzende Richter Ralph Reiter.

(Foto: Renate Schmidt)

45-jähriger Ehemann zu drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit einem Geständnis hatte er seiner Frau eine Vernehmung erspart

Von Florian Tempel, Landshut

Gerichtsverfahren in Fällen sexueller Gewalt stehen nicht selten in der Kritik. Für Vergewaltigungsopfer ist das persönliche Erscheinen vor Gericht für eine Aussage eine extrem belastende Situation. Auch wenn die Öffentlichkeit während der Vernehmung des Opfers ausgeschlossen werde kann, bleiben doch eine ganze Menge fremder Personen im Saal: die Richter und Schöffen, Staatsanwalt und Verteidiger, Sachverständige und Protokollführer - und natürlich der Angeklagte. Schon die räumliche Nähe - zwischen Zeugenstuhl und Anklagebank liegen meist nur wenige Meter - ist für viele schwer zu ertragen. Zu einer erniedrigenden Zumutung wird die Vernehmungssituation, wenn das Opfer schließlich haarklein eine oder mehrere Vergewaltigungen schildern muss. Die Justiz kennt da kein Pardon, es kommt auf Details an. Es gibt deshalb stets nur eine Hoffnung: dass der Angeklagte ein Geständnis ablegt und damit seinem Opfer eine Vernehmung vor Gericht erspart. Im Gegenzug bekommt er großzügigen Strafnachlass.

Ob der 45 Jahre alte Angeklagte, der am Mittwoch vom Landgericht Landshut, wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Nötigung seiner Frau zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt wurde, ein Geständnis aus Reue und Einsicht abgelegt hatte oder nur wegen der Aussicht, weniger lang in Haft zu sein, blieb bis zuletzt unklar. Der Angeklagte, der mit Frau und Kindern in Oberding gelebt hatte, sagte in seinem letzten Wort vor dem Urteilsspruch, "im Endeffekt bin ich sprachlos". Während des Prozesses hatte er sich nicht geäußert, bis auf ein einziges Mal, als eine Freundin seiner Ehefrau als Zeugin aussagte. Da zischte er, kaum zwei Meter von ihr entfernt, zu ihr rüber, sie solle "verdammt noch mal keine Lügen erzählen". Während der Verlesung der Anklage hatte er mehrmals den Kopf geschüttelt, als ob das, was der Staatsanwalt vorlas, gar nicht wahr sei. Sein Geständnis hatte dann sein Verteidiger für ihn ausgesprochen. Nachdem ausgemacht worden war, dass der Angeklagte eine Strafe zwischen drei und dreieinhalb Jahren erhalten werde.

Die Anklage umfasst vier Vorfälle: Im Februar 2019 hatte der seit 2015 kranke und arbeitslose Mann in der damaligen Wohnung in Hallbergmoos seiner Frau mit Faustschlägen eine Rippe gebrochen und ihr gedroht, sie umzubringen, wenn sie die Polizei hole. Im September 2019 hatte er seine Frau in der neuen Wohnung in Oberding vergewaltigt. Ein Jahr später, im September 2019 verprügelte und bespuckte er sie, als sie ihm klargemacht hatte, dass sie die Trennung und Scheidung wollte. Zwei Tage darauf schlug und vergewaltigte er sie und warf sie anschließend, spät nachts, aus der Wohnung. Die Frau ging zur Polizei in Erding und brachte alles zur Anzeige. Am Tag darauf wurde der Mann festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Den zwei Kindern erzählte die Frau, dass "der Papa jetzt in einer Klinik ist und sich helfen lässt".

In der Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter Ralph Reiter, "die Strafe wäre weit über das hinausgegangen, was wir jetzt verhängt haben", wenn der Angeklagte seiner Frau nicht die Vernehmung vor Gericht erspart hätte. Sein, wenn auch nur "pauschales Geständnis" sei allein deswegen wichtig und richtig. Richter Reiter sagte weiter, dass der Angeklagte mit seinem Geständnis nicht nur seine Frau geschont, sondern auch "zum Wohl seiner Kinder" gehandelt habe, die sicher irgendwann einmal von all dem erfahren würden. Neben den Gründen, die einen erheblich Strafnachlass ermöglichten, nannte der Vorsitzende Richter aber auch Aspekte, die im besonderen Maß zulasten des Angeklagten gingen. Ihm sei es offensichtlich nicht nur darum gegangen, seine Frau zu erniedrigen. Seine Taten trügen auch "sadistische Züge" besonderer Bösartigkeit.

Ein Punkt war Richter Reiter am Ende noch besonders wichtig. Im Laufe des Verfahrens war immer wieder zur Sprache gekommen, dass der Angeklagte zwar schon über Jahre hinweg gewalttätig gegen seine Frau gewesen war und sie in übler Weise auch vor anderen Leuten herabwürdigt hatte. Seine Frau und andere Zeugen hatte ihm bescheinigt, dass er nie zu den Kindern grob war. Seinen zwei Kindern sei er immer und ausnahmslos ein liebevoller und fürsorglicher Vater gewesen. Dieses, "er war immer gut zu den Kindern", wollte Richter Ralph Reiter aber nicht einfach so stehen lassen: "Einer, der die Mutter schlägt und vergewaltigt, das ist keiner, der seinen Kindern ein guter Vater sein kann."

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