Süddeutsche Zeitung

Landgericht Landshut:Schwer traumatisiert

Gewalttätiger 23-Jähriger bleibt in geschlossener Psychiatrie

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Der Vorsitzende Richter Konrad Lackner machte am Ende der zweitägigen Verhandlung am Landshuter Landgericht deutlich, dass der 23-jährige Angeklagte "Straftaten begangen hat, die ein ganz erhebliches Gewicht haben". Davon war die erste Strafkammer überzeugt. Ebenso klar war für die Richter jedoch auch, dass der Angeklagte, der sich vornehmlich wegen mehrerer im Landkreis Freising begangener Körperverletzungsdelikte verantworten musste, "krank ist und für seine Taten nicht bestraft werden kann". Laut eines Gutachtens leidet er an einer paranoiden Schizophrenie, weshalb das Gericht am Donnerstag die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnete. Der 23-Jährige befindet sich bereits seit April vergangenen Jahres im Bezirkskrankenhaus in Haar. Der Unterbringungsbefehl wird somit aufrecht erhalten.

Auf Antrag der Staatsanwältin wurde das Verfahren in einigen Fällen, die in der Anklageschrift aufgeführt waren, eingestellt. Sie wären nicht ins Gewicht gefallen. Letztlich blieben noch vier Fälle übrig. Der gravierendste trug sich im Juni 2017 in einer Asylbewerberunterkunft in Marzling zu, wo der Angeklagte einem Mitbewohner, der in seinem Bett lag, aus kurzer Distanz eine Eisenstange an den Kopf warf. Der Geschädigte erlitt eine Platzwunde am Kopf und ein Schädelhirntrauma. Im September nahm der Angeklagte einem Mitbewohner in besagter Unterkunft dessen Handy weg und steckte es in seine Unterhose. Beim anschließenden Gerangel verletzte er den Mitbewohner an der Hand. Im Oktober darauf setzte sich der Angeklagte an einer roten Ampel in Moosburg in ein fremdes Auto und schlug am Rücksitz mit einem Einkaufskorb um sich. Einem Mann, der dem Fahrer half, den Angeklagten aus dem Auto zu zerren, schlug der 23-Jährige mit der Faust ins Gesicht. Im November 2017 verwüstete der Angeklagte schließlich sein Zimmer in einer Asylunterkunft in Freising. Als die Polizei ihn mit zur Wache nahm, schlug er mit Händen und Füßen um sich, traf eine Beamtin am Ellbogen und fügte ihr Schmerzen zu.

Das Gericht war überzeugt, dass die Taten aus der Krankheit des Angeklagten resultierten, der wegen Auseinandersetzungen mit Mitbewohnern mehrmals in andere Asylunterkünfte verlegt worden ist. Als Begründung für den Wurf mit der Stange gab der Angeklagte an, vom Geschädigten Stunden zuvor mit einer Pfanne geschlagen worden zu sein. Man sei überzeugt, "dass dieser Schlag nicht vorgekommen ist", so der Richter. Beim Diebstahl des Handys soll dessen Eigentümer dem Angeklagten zuvor eine Box kaputt gemacht haben. Auch das habe sich der 23-Jährige wegen seiner Krankheit nur eingebildet, so der Richter. Auch der Vorfall im Auto sei "krankheitsbedingt und nicht logisch nachvollziehbar". Die Steuerungsfähigkeit des jungen Manns sei bei den Taten erheblich beeinträchtigt oder möglicherweise vollständig aufgehoben gewesen.

Mögliche Ursache für die Erkrankung des Angeklagten sei eine Traumatisierung, "er hat Haft und Folter erlebt, ist aus seinem sozialen Umfeld herausgerissen worden". Ohne die Behandlung auf einer geschlossenen Station "müsste man wieder mit massiven Straftaten rechnen, und das müssen wir verhindern", so der Richter. Deshalb sei die Unterbringung unerlässlich. Das sahen auch Staatsanwältin und Verteidiger so. Sie akzeptierten, wie auch der Angeklagte, das Urteil. Dieses ist somit rechtskräftig.

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SZ vom 01.03.2019
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