Lärm im Stadtpark:Viel zu laut und viel zu viele

Lärm im Stadtpark: Die Saatkrähen fühlen sich im Erdinger Stadtpark äußerst wohl. Die Population ist gewaltig und sorgt seit Jahren immer wieder für Ärger. Abhilfe ist allerdings so schnell nicht in Sicht. Ein Falkner hat laut Thomas Schreder aufgrund der gewaltigen Zahl der Tiere bereits abgewunken.

Die Saatkrähen fühlen sich im Erdinger Stadtpark äußerst wohl. Die Population ist gewaltig und sorgt seit Jahren immer wieder für Ärger. Abhilfe ist allerdings so schnell nicht in Sicht. Ein Falkner hat laut Thomas Schreder aufgrund der gewaltigen Zahl der Tiere bereits abgewunken.

(Foto: Renate Schmidt)

Stadtrat Thomas Schreder verweist auf die zahlreichen Saatkrähen im Stadtpark, die gerade jetzt Seniorenheimen in der Nachbarschaft zusetzten. Für Gegenmaßnahmen braucht es allerdings eine Genehmigung von der Regierung von Oberbayern

Von Regina Bluhme, Erding

Thomas Schreder reicht es. Die Situation im Erdinger Stadtpark sei nicht länger hinzunehmen, erklärte der CSU-Stadtrat, Umweltreferent und Vorsitzende des Kreisjagdverbands in der Stadtratssitzung. Es ging mal wieder um die gewaltige Saatkrähenpopulation. Der Kampf gegen die Vögel dauert schon Jahre, aber in der Corona-Krise bedeuteten die Tiere zusätzlich eine Zumutung für die angrenzenden Seniorenheime, so Schreder. Ohnehin in Quarantäne, könnten die Bewohner wegen des Geschreis der Vögel nicht mal den Balkon nutzen. Der Bauhof solle schnellstmöglich die Nester von den Bäumen holen. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) unterstützte die Idee. Für die Maßnahme braucht die Stadt allerdings eine Genehmigung durch die Regierung von Oberbayern. Dort waren nach Auskunft der städtischen Pressestelle (Stand 3. April) bislang die Verantwortlichen nicht zu erreichen.

"Wir können die Situation nicht mehr hinnehmen und tolerieren", erklärte Thomas Schreder. In unmittelbarer Nähe zu Fischer's Seniorenzentrum und dem Heiliggeist-Stift, "zum Teil nur zehn, zwanzig Meter entfernt", bauten die Vögel fleißig ihre Nester. "Die machen einen Lärm, das kann sich niemand vorstellen", schimpft Schreder.

Gerade jetzt in Quarantänezeiten seien die Senioren an ihr Zimmer gefesselt und dann kreischten nebenan von morgens früh bis abends spät die Krähen "derart laut, da können sie sich nicht auf dem Balkon aufhalten". Wenn dann im Sommer auch noch die Jungtiere nach Futter riefen, dann werde es noch lauter, "unerträglich". OB Max Gotz stimmte ihm zu: Die Stadt habe bereits von Heimbewohnern "händeringend Anrufe erhalten". Die Krähenplage treffe aber nicht nur Heimbewohner, fügte der Kreisjagdvorsitzende hinzu. Andere Anwohner könnten gar nicht mehr bei offenen Fenstern schlagen, manche wegen der starken Verkotung durch die Krähen nicht mehr den Garten nutzen.

Und es sind sehr viele Tiere. Gotz sprach in der Sitzung von einem "sprunghaften Anstieg". Schreder verweist auf das Monitoring, das bei der Einführung 2008 noch auf 68 Brutpaare in Erding kam und bei der jüngsten Zählung 2019 auf über 1000. "Das sind gigantische Zahlen", sagte Schreder. Versuche, die Zahlen einzudämmen, sind gescheitert. Die Tiere stehen unter Schutz, nur in sogenannten Splitterbereichen dürfe der Bauhof Nester entfernen und dann auch nur bis 15. März, weil dann die Tiere mit dem Eierlegen beginnen, erklärt der CSU-Stadtrat. Im Stadtpark selbst geht im Moment gar nichts, da bräuchte es eine extra Genehmigung von der Regierung von Oberbayern. Schreder hofft auf eine möglichst rasche Einigung, denn jetzt könnten im Stadtpark noch mehrheitlich leere Nester entsorgt werden. So käme kaum ein Jungtier zu schaden. Ein Radius von 200 Metern würde reichen.

Die Crux ist, dass die Saatkrähen im Stadtpark optimale Bedingungen vorfinden. Vier Punkte zählt Schreder auf: Es gibt Brutbäume en masse, Nahrung findet sich gleich nebenan auf den Feldern, es findet keine Bejagung statt und natürliche Fressfeinde müssen sie auch nicht fürchten. 50000 Euro hat die Stadt im Haushalt eingestellt für einen Falkner, der die Population mit seinem Tier dezimieren soll. Schreder sagt, er habe bereits mit einem bundesweit erfolgreichen Falkner Kontakt gehabt. Der habe aber angesichts der Erdinger Population abgewunken: Die Kolonie sei zu groß, da habe er keine Chance. Wenn überhaupt, müsste die Maßnahme drei, vier Jahre am Stück erfolgen.

Es bleibt also schwierig. Natürlich gehörten Krähen geschützt, betont Thomas Schreder, aber angesichts dieser Dimension stehe doch "Menschenschutz über Tierschutz". Der Erdinger Umweltreferent sprach sogar von einer "Notwehrmaßnahme".

Georg Edenhofer, Heimleiter im Heiliggeist-Stift, bestätigt auf Nachfrage, dass die Vögel "schon sehr laut seien". Jüngst hätten sich drei Bewohner beschwert, die sich durch die Vögel gestört fühlten. Im Haus betroffen sei jedoch nur die Südseite in Richtung Stadtpark. Es gebe aber auch den einen oder anderen im Haus, der sage: "Das ist eben Natur und das gehört dazu". Und immer wieder gebe es einzelne Bewohner, die mit Brot die Krähen sogar noch fütterten.

Michaela Heß-Sauer, Heimleitung in Fischer's Seniorenzentrum, kommentiert die Saatkrähen so: "Es ist ein Wahnsinn, eine Katastrophe". Damit meint sie aber weniger den Lärm, als vielmehr die Hinterlassenschaften der Tiere. "Die Autos auf unserem Parkplatz sehen aus, das können Sie sich nicht vorstellen: voller Vogelkot. Ein Irrsinn."

Dabei stellt sie auch noch andere Hinterlassenschaften der Krähen fest. Erst kürzlich hat sie auf ihrem Autodach eine alte, braune Bananenschale und den Überrest einer Saftverpackung entdeckt.

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