Ausstellung:Den Augenblick festhalten

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Von Musik inspiriert: "Chaconne" von Martin Widl. (Foto: Martin Widl/oh)

Fünf Mitglieder der Künstlergruppe „Wir sind ...“ präsentieren im Frauenkircherl in Erding ihre Werke. Der Titel „Improvisation – Jetzt“ ist wörtlich zu nehmen, denn viel Zeit zur Vorbereitung gab diesmal nicht.

Von Regina Bluhme, Erding

„Wir sind ...“ heißt eine Künstlergruppe, die ab Samstag, 7. September, erneut in Erding ihre Werke präsentiert, diesmal im Frauenkircherl. „Punkt, Punkt, Punkt“ lässt viel Spiel- und Freiraum für das Kollektiv. Die Künstlerin Elisabeth Lex und der Holzbildhauer Wolfgang Fritz, beide Gründungsmitglieder und beide aus Oberding, stellen seit dem Start 2012 kontinuierlich in diesem Format aus. Wieder mit dabei sind Andrea Reiners aus Landsberg und Maria Kiess aus Freising. Neu zur Gruppe gestoßen ist der Erdinger Maler Martin Widl. Der Titel der Schau klingt vielversprechend: „Improvisation – Jetzt“.

Das „Ausstellungsfenster“ vom 7. bis 13. September habe sich für die Gruppe, „ziemlich überraschend erst Anfang des Jahres 2024 geöffnet“, schreibt Wolfgang Fritz in einer Presseankündigung. Das sei zur Vorbereitung einer qualitätsvollen Kunstausstellung eine relativ kurze Zeit. „Folglich waren wir gefordert, einiges zu improvisieren und spontan zu gestalten.“

Inspirieren ließen sich die Macher und Macherinnen durch einen Text des Lenbachhaus-Kollektives: „Improvisieren kann nicht nur als schnelle Problemlösung verstanden werden, sondern auch als Ausdruck von individuellen Impulsen sowie als kreatives Reagieren.“ So habe sich sehr bald der Ausstellungstitel ergeben: „Improvisation – Jetzt“.

Übertragen auf das künstlerische Schaffen der beteiligten Künstler und Künstlerinnen bedeute der Titel: Der Entstehungsprozess jedes Kunstwerks habe eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort und verdanke sich einer bestimmten Situation. „Jetzt“ sei morgen schon wieder vorbei. „Das Flüchtige der Zeit und der Gegebenheit wird jedoch im Bild beziehungsweise der Skulptur eingefangen und kann sozusagen aus der Unwiederbringlichkeit in eine beständige Form gepackt werden“, erklärt Fritz.

"Innenleben" aus Kiefernholz von Wolfgang Fritz. (Foto: Wolfgang Fritz/oh)
"You are like a Flower # 2" heißt das Werk in Acrylmischtechnik von Andrea Reiners, inspiriert von Heinrich Heines Gedicht "Du bist wie eine Blume". (Foto: Andrea Reiners/oh)

„Meine kreative Lösung zur Improvisation war, mit meinen Werken aus verschiedenen Jahren meine Lebensräume, meine Bilder Welten im Kleinformat zu einer neuen Komposition zu bearbeiten“, schreibt Elisabeth Lex zu ihrem Ausstellungsobjekt. Das „Jetzt“ sei der Kern ihres künstlerischen Gestaltungsprozesses, der in mehreren aneinander gefügten Stelen von bis zu 2,80 Metern Höhe zum Ausdruck komme. Diese wiederum bestehen aus vielen kleineren individuellen Werken.

Maria Kiess zeigt Monoprints unter dem Motto „Bilder wie Worte“. Dabei werden auf druckgrafische Blätter Schriftfragmente gezeichnet, „die mit dem Untergrund agieren, dass neue Bildfigurationen auftauchen“, heißt es in der Ankündigung. Sie bezeichnet diesen Dialog der schwarzen Textur mit der Bildebene als „spannendes Abenteuer“, als „Spiel von Agieren und Reagieren“. Auch bei ihren Papierschnitten arbeitet Maria Kiess mit bestehendem Bildmaterial, das zerschnitten, quasi „zerstört“ wird, sich aber unter dem Messer eine neue Form, „in Zusammenhang mit einem neuen Hintergrund“ entwickelt.

Farbige Stelen von Elisabeth Lex (Ausschnitt). (Foto: Elisabeth Lex/oh )
Maria Kiess zeigt Monoprints und Papierschnitte. (Foto: Maria Kiess/oh)

Andrea Reiners Kunstwerke sind von Lyrik inspiriert, wie zum Beispiel „Du bist wie eine Blume“ von Heinrich Heine oder „Romeo und Julia“ von Shakespeare. Ihre figurativen Werke zeichneten sich „durch einen harmonischen Farbklang aus, der die emotionale Tiefe und Schönheit der dargestellten Szenen und Figuren unterstreicht“. Durch die Verbindung von Poesie und bildender Kunst schaffe Reiners „eine einzigartige und fesselnde Darstellung von Liebe, Leidenschaft und Schönheit in ihren Werken“. Wie Fritz mitteilt, hat Reiners dieses Jahr bei der Swiss Art Expo ausgestellt und sich dort erfolgreich um ein Sponsoring beworben.

Auch für den Holzbildhauer gilt kontinuierliches Improvisieren

Martin Widl wiederum definiert „Jetzt“ als eine „Momentaufnahme im Schaffensprozess“. Die Arbeitsweise von Martin Widl verlange ein ständiges Improvisieren, eine stetige Veränderung, die Notwendigkeit, Arbeitsschritte neu zu koordinieren. Es gehe ihm darum, die „Diskrepanz zwischen Künstler und Bildentstehung zu einen“. Die Musik sei ein wichtiger Faktor beim Arbeiten. Dabei versuche er, Improvisationen in der Musik in Farbe umzusetzen beziehungsweise auf die Leinwand zu bannen.

Wolfgang Fritz wiederum beschreibt seine Arbeit so: Er präsentiere Skulpturen, die im meditativen Dialog mit dem vor ihm liegenden Holz entstehen, wobei im Schaffensprozess kontinuierlich improvisiert werden muss. Seien es Fundstücke, die ihn durch ihre teilweise bizarre Form inspirieren und allmählich die Gestalt annehmen. Seien es Baumstämme, die er für die Umsetzung einer konkreten Idee benötigt. Beide Zugangswege vom Rohmaterial Holz bis zur fertigen Skulptur sind in dieser Ausstellung vertreten und haben eine Gemeinsamkeit: Die Baumfragmente sind ihm durch den Schneebruch im Dezember 2023 quasi aus der Natur zugefallen.

„Improvisation – Jetzt“, Ausstellung Künstlergruppe „Wir sind ...“, in Zusammenarbeit mit der Vhs Erding, Frauenkircherl Erding, Samstag, 7. September, bis Freitag, 13. September, (Vernissage Freitag, 6. September, 19 Uhr). Öffnungszeiten der Ausstellung: Samstag und Sonntag, 7. und 8. September, 11 bis 18 Uhr sowie Montag bis Freitag, 9. bis 13. September, 13 bis 18 Uhr

 

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