Süddeutsche Zeitung

Kulturgut:Eine CD fürs Archiv

Kreismusikpfleger Reinhard Loechle will regionale Volksmusik ins oberbayerische Volksmusikarchiv bringen. Dafür sucht er Musiker, deren Lieder im Landkreis verwurzelt sind

Von Regina Kirschner, Erding

Reinhard Loechle hat ein Ziel: Der Kreismusikpfleger will die Volksmusik aus dem Landkreis erhalten. Erstmals dokumentiert nun das Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern auf seine Anregung hin Polkas, satirische Lieder, sogenannte Couplets, und weitere Stücke aus der Region - ein überfälliges Projekt, findet Loechle: "Die Volksmusik ist im Oberland zu Hause, also zwischen Berchtesgaden und Garmisch." Dort werde sie mehr gefördert, das Archiv bestehe größtenteils aus Aufnahmen aus dem Oberland. Das möchte Loechle ändern. Er will eine CD mit regionaler Volksmusik erstellen.

Dafür hat er unter anderem mit dem Reithofener Zwoagsang zusammen gearbeitet. Als Musikerduo widmen sich die beiden Landwirte Sebastian Brandl und Gerhard Nussrainer seit 15 Jahren traditionellen Volksliedern und Couplets. "Die Stücke gehen verloren, wenn man sie nicht pflegt", sagt Brandl. Sein Musikerkollege, Nussrainer, besitze ein große Sammlung traditioneller Lieder, aus der Stücke für das Archiv dokumentiert wurden. Für die CD hat das Duo in der Kreismusikschule drei Stunden lang sieben Couplets eingesungen, die überwiegend aus der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg stammen. "Ich habe mich gefreut, dass wir dabei sein dürfen", sagt Brandl. Aufgeregt sei er nicht gewesen, denn er tritt jede Woche mit dem Reitenhofener Zwoagsang oder der Musikgruppe Klarinettenmusi Faltermaier auf.

Seit etwa 40 Jahren spielt Brandl dort mit seinem Knopfakkordeon mit. Die Gruppe aus Forstern wird auch auf der CD zu hören sein. Für Brandl bedeutete das doppelte Arbeit. "Da war ich ganz schön gefordert", gibt er zu. Am Tag der Aufnahme stand er um fünf Uhr morgens auf, um noch mal zu üben, denn: "Soloteile müssen laufen". Neben dem Akkordeon gehören noch drei Klarinetten, ein Baritonhorn und eine Basstuba zur Besetzung. Die Stücke, die das Volksmusikarchiv dokumentiert hat, stammen ausschließlich aus Johann Lehmers Feder. Für Lehmer, Mitbegründer und Klarinettist der Gruppe, "ist es eine Ehre", dabei zu sein. Ihm sei wichtig, dass es Kreismusikpfleger Loechle nicht um die Kommerzialisierung der Musik gehe, sondern um deren Archivierung. Schön wäre es, sagt Lehmer, wenn durch das Projekt Interessierte auf ihn zukämen. "Volksmusik muss leben. Meine Stücke kann jeder von mir haben und nachspielen." Laut Lehmer zeichnen vor allem schlichte Strukturen, die einfach wiederzugeben sind, die Volksmusik aus.

Dazu passt Loechles Musikauswahl: Die Musiker haben Boarische, also Volkstänze im Zweivierteltakt, Ländlermelodien im Dreivierteltakt und Polkas eingespielt. Für sein Projekt hält Loechle nur "Volksgut", also regional überlieferte Stücke, fest. Dazu zählen auch Lehmers Werke, die seit 1975 das musikalische Leben in der Region mitprägen. Zu dem müsse die Vortragsqualität der einzelnen Musikgruppen stimmen. Dreizehn Aufnahmen hat Loechle bereits. "Der Anfang ist gemacht", freut er sich. Wie viele Stücke Loechle für das Archiv dokumentieren wird, ist noch offen.

Voraussichtlich im März wird die Klarinettenmusi Faltermaier weitere Lieder für die CD in der Kreismusikschule einspielen. Außerdem möchte Loechle noch Volksmusik mit Blechbläsern und Saiteninstrumenten wie Hackbrett, Zither und Harfe archivieren. "Ich hätte auch gerne einen weiblichen Zwei- und Dreigesang", sagt er. Darüber hinaus soll bei den Männerstimmen die Bandbreite an Gesängen erweitert werden. Für das Projekt wählt Loechle Musikgruppen aus, doch die Entscheidung, wessen Lieder dokumentiert werden, trifft das Archiv. "Ich rechne damit, dass die CD 2019 fertig wird", so der Kreismusikpfleger. Dann werden zum ersten Mal regionale Lieder aus dem Landkreis Erding über das Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern erhältlich sein.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2017
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