Kooperationsschulen im Landkreis:Filialen in der Nachbarschaft

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Ein neues Kooperationsmodell könnte die Realschulen des Landkreises entlasten - doch das Kultusministerium hat Bedenken.

Florian Tempel

ErdingDie drei Realschulen im Landkreis, vor allem die Herzog-Tassilo-Realschule, sind aktuell bis auf den letzten Platz besetzt. Den Neubau einer vierten Realschule schließt der Kreistag jedoch aus, da die Zahl der Realschüler laut Prognosen in den kommenden Jahren stark sinken wird. Um dennoch die bestehenden Realschulen zu entlasten, setzt der Kreistag auf ein Kooperationsmodell, bei dem zum Beispiel in Oberding oder Wartenberg im Gebäude der dortigen Mittelschulen auch Realschüler unterrichtet werden könnten. Doch die Anforderungen des Kultusministeriums für ein solches schulartübergreifendes Modell sind hoch.

Die Fachhochschule für angewandtes Management Erding (FH) hat in einem Gutachten vorgerechnet, dass es bis 2020 im Landkreis fast 1000 Realschüler weniger geben soll, als noch in diesem Schuljahr. Ein überraschendes Ergebnis. Denn damit wäre der Rückgang in den kommenden zehn Jahren im Boom-Landkreis Erding mit fast 30 Prozent dreimal so hoch wie der vom Kultusministerium prognostizierte durchschnittliche bayernweite Rückgang im gleichen Zeitraum. Trotz dieser Prognosen sollen jedoch die bestehenden Realschulen in Erding möglichst bald entlastet werden. Im FH-Gutachten finden sich Rechnungen, wie das mit einer Kooperationsschule beispielsweise in Oberding, Wartenberg oder Wörth gelingen könnte. Die Idee, die dem Kreistag vorschwebt, ist offensichtlich, Realschulklassen in einer bereits bestehenden Mittelschule unterzubringen. Doch wer wäre der Realschul-Kooperationspartner? Nach den Vorgaben des Kultusministeriums geht es nicht, dass zum Beispiel die Herzog-Tassilo-Realschule in Oberding, Wartenberg oder Wörth sozusagen eine Filiale eröffnen würde. "Das machen wir bisher noch nicht", erklärte dazu eine Ministeriums-Sprecherin.

Sie betonte eine wichtige Voraussetzung: In einem Kooperationsmodell müsse jedem Schüler stets klar sein, zu welcher Schulart er gehört. Auch wenn die Schüler in manchen Stunden zusammen unterrichtet würden, bleibe es dabei, dass eine Kooperationsschule aus einer Realschule und einer Mittelschule bestehe. Das bayerische Kooperationsmodell sei eben keine Gemeinschaftsschule wie in anderen Bundesländern, wo Real- und Hauptschule vollständig zusammengelegt worden sind.

Für eine genehmigungsfähige Kooperationsschule müsste also doch eine neue Realschule gegründet werden. Der Vorteil wäre allerdings, dass sie nur zwei Klassen pro Jahrgang haben müsste. Eine eigenständige neue Realschule müsste hingegen mindestens drei Klassen pro Jahrgang haben. Die Ministeriums-Sprecherin sagte, es sei durchaus möglich, dass eine zweizügige Realschule ohne eigenes Gebäude bestehende Räume einer Mittelschule nutze. Allerdings sei der Raumbedarf auch einer Realschule mit nur zwei Klassen pro Jahrgang nicht unerheblich: Sie brauche zwölf Klassenzimmer, etliche Fachräume wie einen Physik- und Chemiesaal, den es in einer Mittelschule normalerweise nicht gibt, Lehrerzimmer und Büros. Ob in Wartenberg, Oberding oder Wörth - so viel freien Raum hat keine der dortigen Mittelschulen. An jedem dieser Standorte wäre also eine bauliche Erweiterung notwendig.

Für die Neugründung einer Realschule gebe es zudem eine essentielle Voraussetzung, sagte die Sprecherin des Kultusministeriums: "Die Schülerprognose muss eine deutliche Steigerung aufweisen." Das Gutachten der FH Erding zeigt allerdings genau das Gegenteil.

© SZ vom 05.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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