Kommentar:"Wer hat, dem wird gegeben"

Wenn Wohnraum, wie in Erding, in kurzer Zeit überdimensional teuer wird, muss die Politik aus sozialer Verantwortung handeln

Von Florian Tempel

Es ist ja nicht so, dass alle die enormen Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt schrecklich fänden. Dass viele Menschen in Erding überproportional viel von dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld fürs Wohnen ausgeben müssen, ist für wenige andere ein Segen. Ganz nach dem bekannten Bibelwort, "wer hat, dem wird gegeben", fließt bei Vermietern nach jedem Mieterwechsel mehr Geld in die Kasse. Die Rendite steigt, die Reichen werden reicher, das wird sie sicher freuen.

Für viele andere verschärft sich die Situation jedoch zunehmend. Der Normalverdiener hat in den vergangenen fünf Jahren nicht 40 Prozent Gehaltserhöhung bekommen. Nur eingefleischte Neoliberale können die Entwicklung am Immobilienmarkt noch schulterzuckend als ganz normales Marktgeschehen hinnehmen. Der Markt alleine wird aber gar nichts richten. Wenn Wohnraum, wie in Erding, in kurzer Zeit überdimensional teuer wird, muss die Politik aus sozialer Verantwortung handeln.

Die Initiativen zum Bau von echten Sozialwohnungen und vergünstigten Wohnungen für Normalverdiener sind noch immer zu gering. Es muss viel mehr passieren und viel schneller. Die Schaffung von Wohnungsraum durch die öffentlichen Hand, durch kommunale Wohnbaugesellschaften und gemeinnützige Baugenossenschaften muss dringend forciert werden. Der Wohnungsbau muss das zentrale Thema der Kommunalpolitik werden. So wie es seit Jahren läuft, darf es nicht mehr weiter gehen. Es darf nicht sein, dass eine kleine Gruppe von Menschen von der Misere vieler profitiert. Die Reichen, die das Glück haben, überschüssiges Geld in Immobilien zu investieren, werden immer reicher. Das ist kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis einer Politik, die nicht oder viel zu langsam auf offensichtliche Fehlentwicklungen reagiert.

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