Kommentar:Von Verkehrswende keine Spur

Von Sara Maria Behbehani

Jeden Tag sieht man sie: die Autos, in denen eine einzige Person sitzt, die restlichen Plätze bleiben frei. Das Ein-Mann-Fahrzeug scheint für viele immer noch Ausdruck eigener Freiheit und Selbstbestimmung zu sein. Auf Carsharing, öffentlichen Nahverkehr oder gar das Fahrrad umzusteigen, ist vielen doch zu lästig - Klimawandel hin oder her. Und während Elektrofahrzeuge trotz Förderung und 4000 Euro-Prämie eine Randerscheinung bleiben, sind SUVs beliebter denn je. Kein anderer Autotyp verkauft sich besser als der Familiengeländewagen, kein anderer polarisiert so sehr. Und dann geht es mit dem Gefährt über brettebene Autobahnen und hinein in verstopfte Innenstädte, in denen eine ohnehin viel zu kleine Parklücke erst noch verzweifelt gesucht werden muss. Doch was von den einen als protzig, bedrängend und klimaschädlich empfunden wird, gibt den anderen das Gefühl von Erhabenheit, von Sicherheit, von einem bequemen Fahrgefühl.

Von Klimafreundlichkeit ist auf Deutschlands Straßen nicht viel zu spüren. Auch deshalb hat die Bundesregierung gerade beschlossen, Milliarden für die Verkehrswende bereitzustellen. Bis 2030 soll sich der Verkehr massiv ändern: mehr Elektroautos, mehr Radwege, mehr Elektrobusse, eine Modernisierung des Schienennetzes, alternative Kraftstoffe. Doch wird das den Deutschen dazu bewegen, von seinem Ein-Mann-Fahrzeug Abschied zu nehmen? Die Grünen scheinen nicht daran zu glauben. Verkehrspolitiker der Fraktion fordern ein Verbot von Verbrennungsmotoren bis 2030, Dieselsubventionen sollen zurückgefahren werden und Autos, die besonders viel Sprit verbrauchen, teurer. Möglicherweise wird ihnen das nicht viele Freunde einbringen. Denn die Liebe zum eigenen Auto ist sicher nicht nur den fehlenden sauberen Alternativen geschuldet, die für eine bessere Ökobilanz sorgen könnten.

Das zeigen auch die Automobilausstellungen in Erding und Dorfen. Vom Autokauf abschrecken lassen möchte man sich nicht durch den Dieselskandal und auch nicht durch den Klimawandel. Und davon, dass das Auto ein Auslaufmodell sein könnte, scheint sich im Landkreis nichts bemerkbar zu machen. Die Veranstalter rechnen bei gutem Wetter in Erding mit bis zu 20 000 Besuchern, in Dorfen mit bis zu 10 000. Sicher wird es dort auch Elektrofahrzeuge geben, darauf legen die Händler inzwischen großen Wert. Doch gekauft werden, das geben sie zu, vor allem kleinere SUVs.

Und jeden Morgen und jeden Abend rollen die Ein-Mann-Fahrzeuge weiter von Erding nach München und von München nach Erding durch verstopfte Straßen. Von Verkehrswende keine Spur.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: