Kommentar:Uferprogramm umsetzen

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Fehler und Versäumnisse in der Landwirtschaftspolitik haben aus bayerischen Bächen und Flüssen Friedhöfe gemacht

Von Thomas Daller

Bachmuscheln gab es einst in der Isen so zahlreich, dass die Bauern sie an Hühner und Enten verfütterten, schreibt der bekannte Naturfotograf Andreas Hartl im Buch "Das Isental". Noch bis in die 1950er Jahre waren sie in der Isen überall zu finden. Doch je intensiver die landwirtschaftliche Nutzung des Isentals wurde, umso mehr Tiere starben. Bachmuscheln benötigen relativ saubere Gewässer. Hoher Nährstoffeintrag beispielsweise durch Gülledüngung auf angrenzenden Äckern führen zum Sterben der Muscheln. Aber auch der Grünlandumbruch zugunsten von Maisäckern rottet die Tiere aus. Sedimente, die bei starkem Regen vom Acker in den Bach fließen, lassen diesen verschlammen und das führt zum Ersticken der Muschellarven. Der letzte Sargnagel für solche sensiblen Arten wie Bachmuschel oder Mühlkoppe war die lukrative Förderung der Biogasanlagen. Noch mehr Grünland wurde umbrochen, um Mais darauf anzupflanzen, noch mehr Sedimente und Gülle wurden in die Bäche geschwemmt. Angesichts der Tatsache, dass alle bayerischen Biogasanlagen zusammengenommen lediglich die Leistung eines einzigen modernen Gaskraftwerks erbringen, hat man dafür einen hohen ökologischen Preis gezahlt.

Fehler und Versäumnisse vor allem in der Landwirtschaftspolitik haben aus bayerischen Bächen und Flüssen Friedhöfe gemacht, in denen oftmals nur noch Besatzfische von Anglervereinen schwimmen, die nach ein paar Wochen in der Pfanne landen. Zugegeben, ein paar Aitel, wie der Döbel in Bayern heißt, schwimmen auch noch rum, aber sie gelten ohnehin als die größten Überlebenskünstler unserer Gewässer. Doch dieser ganze Artenreichtum mit Elritzen, Krebsen oder Schmerlen gehört der Vergangenheit an. Das ist umso bedauerlicher, wenn man bedenkt, dass die Bäche und Flüsse aufgrund der Reinigungsleistung moderner Kläranlagen tatsächlich wieder aufblühen könnten, wenn ihnen die Landwirtschaft nicht so zusetzen würde.

Solche Alibi-Veranstaltung der Regierung von Oberbayern zum Schutz von Bachmuscheln und Koppen sind daher nur Greenwashing einer Politik, die der Landwirtschaft nur ja nicht zu nahe treten will. Wenn man tatsächlich etwas zum Schutz der Isen tun will, muss man verpflichtende Gewässerrandstreifen vorschreiben, wie es der Bund im Wasserhaushaltsgesetz getan hat. Aber in Bayern hat man diese Regelung auf Antrag der CSU auf freiwillig abgeändert, und dass man als Landwirt entschädigt wird, wenn man sich daran hält. Das ist so, als würde man als Bürger Geld dafür bekommen, wenn man seinen Müll nicht in den Wald kippt. Wer es mit dem Schutz der Gewässer ernst meint, muss hier endlich ansetzen, sonst wird das nichts.

© SZ vom 25.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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