Kommentar:Technologische Avantgarde

Die Dorfener Nahwärme wird mit Restholz produziert. Ein vorbildliches Konzept

Von Florian Tempel

Es ist vielleicht ein bisschen viel verlangt, aber eigentlich sollten sich die Dorfener jedesmal freuen, wenn sie wieder eine Baustelle der Stadtwerke umkurven müssen. Denn ihre Kleinstadt geht mit jeder Stadtwerke-Baugrube einen Schritt weiter auf zukunftsweisenden Wegen. Wie außerordentlich klug durchdacht und vorbildlich die Konzepte der Dorfener Stadtwerke sind, ist vielen allerdings nicht bewusst. Dabei ist es Dorfener Tradition: Die lokalen Stadtwerke waren vor mehr als hundert Jahren eine der ersten Kleinstadt-Stromversorger in Bayern. Zu einer Zeit, als kaum jemand etwas mit Strom anfangen konnte. Nun sind sie wieder technologische Avantgarde.

Heizenergie hat den mit Abstand größten Anteil am Gesamtenergieverbrauch, vor der Stromversorgung, dem Energiebedarf der Industrie und der Mobilität. Wer bei der Heizenergie auf größtmögliche CO₂-Neutralität setzt, leistet dementsprechend einen enormen Beitrag zum Klimaschutz. Die Dorfener Nahwärme wird aber nicht etwa mit extra angebauter Biomasse, sondern mit gehäckselten Holzabfällen und Restholz produziert. Dass das ausgerechnet im waldärmsten Landkreis Bayerns funktioniert, ist beachtlich. Noch runder wird die Sache jedoch dadurch, dass die Stadtwerke selbst Wälder gepachtet haben und sie unter streng ökologischen und nachhaltigen Gesichtspunkten bewirtschaften. Und dass die Wälder von einer seit Jahrhunderten existierenden Wohltätigkeitsstiftung gepachtet sind, die sozial schwache und notleidende Dorfener Bürger finanziell unterstützt, ist schließlich ein so wunderbarer Aspekt, dass einem auch noch warm ums Herz wird.

Der Ideenreichtum des Chefs der Stadtwerke, Karl-Heinz Figl, der das Dorfener Nahwärmekonzept erdacht und umgesetzt hat und es Jahr für Jahr vorantreibt, ist damit jedoch noch nicht erschöpft. Die gegen den massiven Widerstand der Dorfener CSU durchgesetzte Idee, als Stadtwerke zum lokalen Telekommunikationsanbieter zu werden, ist ebenso großartig. Glasfaser bis ins Haus - das ist etwas, das es in deutschen Kleinstädten so gut wie nirgends gibt. Das ist ultramodern. In Deutschland sind Glasfaserrouter für den Hausgebrauch erst seit Kurzem zu haben - weil damit bislang kaum jemand etwas anfangen konnte.

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