ÖPNV im Landkreis Erding:Verständlich, aber falscher Ansatz

Sich beim ÖPNV aus der Fläche zurückzuziehen, ist zum jetzigen Zeitpunkt eindeutig das falsche Signal.

Kommentar von Gerhard Wilhelm, Erding

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) hat am Donnerstag bestimmt genau hingehört, was die Grünen-Chefin Ricarda Lang da gesagt hat: Die Ampel-Koalition will massiv in den ÖPNV investieren. Der ÖPNV sei gerade in der aktuellen Situation für viele Bürgerinnen und Bürger eine notwendige, leistungsfähige und kostengünstige Alternative zum eigenen Pkw und gleichzeitig das umweltfreundlichste Verkehrsmittel neben dem Fahrrad. Einen Tag zuvor hatte er im Ausschuss für Umwelt und Verkehr seine Mobilitätswende angekündigt. Langfristig müsse sich der Landkreis mit den Buslinien aus der Fläche verabschieden, das Ganze komme dem Landkreis zu teuer.

Im Prinzip hat er Recht. Aber der ÖPNV ist und wird immer ein Zuschussgeschäft bleiben. Die Frage ist: Wer übernimmt das Defizit? Das Defizit kommt im Wesentlichen denen zu Gute, die sich ein eigenes Auto nicht leisten können, als Alternative hohe Pendlerkosten hätten (vor allem bei den derzeitigen Spritpreisen) oder die einfach einen ökologischen Beitrag leisten wollen. Sollte Bayerstorfer nur ein Signal senden wollen, dass die Kommunen beim ÖPNV entlastet werden müssen, dann mag seine Ansicht in Ordnung sein. Wenn nicht, trifft er gerade die Menschen, die auf den ÖPNV angewiesen sind.

Natürlich ist es legitim und auch ökonomisch vernünftig, einzelne Strecken zu prüfen. Wenn ein Bus mit 50 Plätzen nur mit durchschnittlich sechs Fahrgästen ausgelastet ist, ist das natürlich alleine schon wegen der hohen Benzinpreise nicht sinnvoll. Aber kann man nicht kleinere Busse einsetzen? Vielleicht sogar E-Busse, wie sie es in der Kreisstadt schon gibt? Auch der Rufbus ist keine schlechte Alternative. Oder Mitfahrzentralen oder Apps, mit denen man sich eine Fahrgelegenheit organisieren kann. Wenn die Menschen auf das eigene Auto verzichten sollen, sollten man ihnen auch einen Anreiz dafür bieten.

Anstatt nur noch ein paar große, oft benutzte Linien zu subventionieren, sollte ein Netz von Alternativen und Wegstrecken aufgebaut werden, damit jeder Bürger die Chance hat, zumindest einmal am Tag von seinem Wohnort weg und auch wieder zurück zu kommen. Zumindest bis zum nächsten Haltepunkt, um dann von dort aus Zentren wie Erding, Dorfen oder den Flughafen erreichen zu können. Mal sehen, wie ernst es die Ampelkoalition mit der massiven Investition in den ÖPNV meint.

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