Kommentar:Die Bürger beteiligen sich

Es lässt die Menschen nicht kalt, wenn in ihrer Nachbarschaft Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten ankommen

Von Florian Tempel

Wenn in der Nachbarschaft Container für Flüchtlinge aufgebaut werden, dann lässt das die wenigsten kalt. Man muss schon ein sehr hohes Maß an Gleichgültigkeit besitzen, wenn man sich darüber gar keine Gedanken macht. Die Menschen reagieren auf Flüchtlinge in der Nachbarschaft auf unterschiedliche Weise: Den einen macht es in diffuser Weise Angst, wenn auf einmal viele fremde Menschen auf engem Raum in ihrer Nähe wohnen. Das ist keineswegs unverständlich. Andere werden hingegen durch die reale Nähe positiv motiviert, persönlich als Unterstützer von Flüchtlingen aktiv zu werden. In Altenerding war das dieser Tage genau so zu beobachten. Auch wenn die Menschen so völlig unterschiedlich auf die Ankunft der Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft reagiert haben, zeigt das Beispiel, wie wichtig eines ist: Die Aufnahme von Flüchtlingen geht nicht ohne Bürgerbeteiligung.

Die ängstlichen Bürger, die in Altenerding einen Text gegen die Unterbringung von Flüchtlingen verfasst haben, führten als eines ihrer Argumente eine ungenügende Bürgerbeteiligung an. Tatsächlich ist die Informationspolitik des Landratsamts seit Jahren minimal. Nachbarschaften werden regelmäßig nicht über neue Flüchtlingsunterkünfte informiert. Will ein Bürger wissen, was in seiner Nachbarschaft geschieht, muss er selbst nachfragen. Das Landratsamt glaubt, durch möglichst geringe Informationen unliebsame Diskussionen in der Bürgerschaft vermeiden zu können.

Auf der anderen Seite vertraut das Landratsamt sehr wohl und sehr stark auf die Beteiligung von Bürgern: In vielen Fällen kommen Flüchtlinge am Freitagnachmittag. Sie bekommen in der Erstaufnahme in München ein S-Bahnticket nach Erding und eine Adresse in die Hand gedrückt, mehr nicht. Sie finden ihren Weg zu ihren Unterkünften, aber da ist erst einmal niemand, der sie empfängt. Das Landratsamt weiß: Es werden schon Bürger kommen, die es nicht kalt lässt, wenn Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten in ihrer Nachbarschaft eintreffen.

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